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Plenarium und Murners Gäuchmatt 1518, durch Cratander für Ökolampads Dragmata usw.; die Schutzfrist ist beim Neuen Testament auf vier, beim Plenarium auf sechs Jahre bestimmt. Während die kaiserlichen Privilegien theoretisch für das Reichsgebiet gelten, erteilt neben ihnen der Papst Privilegien für das ganze Gebiet der Christenheit; so Leo X. 1516 dem Hieronymus. Aber diese doppelt, durch Papst und Kaiser, geschützte Hieronymusedition wird dennoch teilweise „imitiert“; der Nachdrucker ist Eucharius Hirzhorn in Köln, gegen den Froben deswegen Klage erhebt.


Das Leben des Humanisten soll Leben von bestimmter wissenschaftlicher und menschlicher Richtung, mit einem bestimmten Gehalte höherer Art sein, und wie jeder Verkündiger eines neuen Geistes will auch der Humanist seinen Geist weitertragen, sein Leben lehren; er will sein Wissen Anderen vermitteln und sie in seinem Sinne bilden.

Schon die großen moralischen Schriften des Erasmus (Encomium, Enchiridion, Antibarbarorum liber, die spätere Form der Colloquia)dienen diesem Willen in ihrer Bestimmung für einen möglichst großen und schon reifen Leserkreis. Deutlicher kräftiger, den Menschen sofort beim Beginne seiner Bildung anfassend ist die speziell pädagogische Literatur der erasmischen Erziehungslehren und Schulbücher (De ratione studii, De duplici copia,De pueris institutendis); auch an eine besondere Fürstenpädagogik ist dabei gedacht (Institutio principis christiani).

Soweit es sich um solche Schriftstellerei handelt, kann hier in Basel nur von Erasmus die Rede sein, nachdem noch der junge Rhenan durch Veröffentlichung von Schriften des Guarinus und Anderer im Geiste des lehrhaften Elsässer Humanismus gehandelt hat. Erasmus ist jetzt nicht nur in Basel der einzige, sondern zu dieser Zeit im Norden überhaupt der stärkste Vertreter solcher Ideen, wobei wir aber beachten, wie energisch er das praktische Erziehen ablehnt und Theoretiker bleibt.

Dem Orte Basel selbst angehörend ist tatsächliches Unterweisen; wir finden seine zahlreichen Spuren. Ungeduldig drängt das Leben zur Anwendung und Erprobung der Doctrinen, so daß wir durch die Jahrzehnte hin beständig unsern Humanisten als Erziehern begegnen. Überall schließen sich Lehrende und Lernende zusammen; weniger die einzelnen Forderungen der Lehrbücher gelten als der Geist Desjenigen, der gerade Lehrmeister ist. Auch alle Vorstellungen von einheitlich geordnetem Studienwesen haben wir ferne zu halten; die Fülle der Möglichkeiten ist übermächtig, die Freiheit des Einzelnen unberührt. Wie Reuchlin seiner Zeit Pädagoge des jungen

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 244. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/265&oldid=- (Version vom 1.8.2018)