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Landes folgen Lobsprüche auf die einzelnen Orte; den Schluß bildet eine summarische Charakteristik der Schweizer, die ermahnt werden, immer Papst und Kaiser, die beiden Leuchten der Welt, vor Augen zu haben und die Taten der Römer nachzuahmen. Das Ganze ist ächte Humanistenarbeit. Bezeichnend vor Allem, daß Glarean seine Beschreibung zum kleinsten Teil auf Autopsie, im Übrigen auf Excerpte aus Strabo Ptolemaeus u. A. aufbaut. Weil Caesar nur zwölf Oppida der Helvetier kennt, läßt Glarean in der ersten Fassung die Ehre seines Panegyricums auch nur zwölf Orten zu Teil werden und Appenzell leer ausgehen. Er stellt seinen Landsleuten die großen Römer als Muster hin, nicht die Helden der eigenen Vorzeit, mit Ausnahme Tells.

Jedenfalls empfinden schon die Zeitgenossen, wie leer diese Hunderte von Hexametern sind; auch über manche Dunkelheiten des Ausdruckes klagen sie, so daß Glareans Freund Myconius einen Kommentar zu dem Gedichte verfaßt und eine neue kommentierte Ausgabe erscheinen läßt, bei Froben 1519. Es ist eine gut schulmeisterliche Leistung, durch zahllose Notizen viel Belehrung bringend, aber den Originaltext überflutend. Auch typographisch unerfreulich: aus dem schönen Dichterhefte von 1514 ist ein schwerfälliges Produkt geworden.


Wir überschauen das Ganze dieser Vorgänge und sehen in ihm ein durchgehendes Gefühl da stärker dort schwächer wirken: das Gefühl eines durch Lösung bisheriger Bande gewonnenen, neuen Lebens.

Seine Äußerungen haben wir vernommen, wo immer von Edition alter Autoren die Rede gewesen ist; diese Alle kommen wieder ans Licht und beginnen neu zu sein. Aber nicht beim Einzelnen, beim Hieronymus renatus und dgl., bleibt der Humanist stehen. Durch das ganze Reich des Geistes ahnt er ein neues Erfahren, ein wieder jung werden alter Weisheit so gut wie ein Treiben und Quellen frischer Gedanken.

Es ist nur ein einzelner Drang der universalen Bewegung, die über dieses Geschlecht dahingeht und es ergreift, die ihm das Hochgefühl des Freiwerdens von Mächten und das Bewußtsein neuer Energien und unbändiger Kräfte bringt.

Aus der Schar der Solches Empfindenden vernehmen wir hier nur die Humanisten. Sie nennen die Zeit eine glückliche, in der ein Neues über die Erde kommt. Dem Rhenan erscheint sie als das wahre goldene Säculum. Während der zu frühe gealterte Erasmus sich in dieser so Großes

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 230. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/251&oldid=- (Version vom 1.8.2018)