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auch über die Mühen der Editoren, die mächtige Leistung der Offizin. Im Sommer 1516 tritt das große Werk, neun Bände füllend, ans Licht; Froben und die Erben Amerbachs bestreiten die Kosten. Wie mitten in einem von kriegerischem und politischem Tun hocherregten Basel diese großen Arbeiten des Erasmus vollbracht werden, ist eine Erscheinung von unvergleichlicher Belebtheit.

Aber der Eifer der Basler Humanisten für die Kirchenväter und die durch sie vertretene „alte Theologie“ ist mit diesen Bändereihen keineswegs erschöpft.

Caspar Hedio bittet Gott, daß er einen guten Menschen dazu treibe, den Origenes wieder im alten Glanz erstehen zu lassen, und auch Froben bleibt tätig. Im Jahre nach dem Hieronymus, 1517, läßt er in fünf Bänden die Werke des Chrysostomus hinausgehen, 1520 die Werke des Cyprian. Sodann veranlaßt der Fund einer aus Peterlingen stammenden Tertullianhandschrift in der Bibliothek des Kolmarer Dekans, zu der später noch ein Hirsauer Codex tritt, den Rhenan, da die Pressen Frobens gerade Ferien haben, diese Zeit rasch zur Publikation zu benützen. Die Vorlagen sind verderbt und fehlerhaft; nicht ohne Grund mahnt Bürer seinen Patron, die Tränen um den Tod des Vaters zu trocknen und die Augen zu sparen für den Tertullian; denn diese Arbeit ist voll unsäglicher Mühe, trotz Pellicans Hilfe. Aber was bedeuten Mühe und Anstrengung? Es handelt sich ja um Tertullian, den „Origenes der Lateiner“, der nun aus der Unterwelt wieder ans Licht steigen soll. Es gilt die guten Studien. Die Stimmung, die all die Patristikarbeiten der Basler bis dahin begleitet, dazu das einzige herrliche Gefühl dieser Höhezeit, leben in der Edition und werden aufs Schönste ausgesprochen durch Rhenan selbst in seinem großen Geleitschreiben an Stanislaus Turzo, Bischof von Olmütz.

Für die Basler Lokalgeschichtschreibung bleibt der Humanismus fast wirkungslos. Sie lernt nichts von den Italiänern, nichts von den Alten und bewegt sich weiter in den gewohnten Bahnen. Einzig der uns schon bekannte Hieronymus Brilinger ist unter diesen Stadthistorikern hier namhaft zu machen, weil er in Verschiedenem über das Traditionelle hinausgeht. Er gibt eine, allerdings nur ganz äußerlich, humanistische Überarbeitung der Blauensteinchronik. Er zeigt auch in bemerkenswerter Weise Sinn für Erweiterung des Gebiets historischer Quellen durch seine Sammlung von Inschriften, sowie durch sein Diplomatar der Hochkirche Basel, in dem er die Monogramme, die Siegel, die verlängerten Schriften usw. der Papst- und Kaiserurkunden nachzeichnet. Derselbe Brilinger untersucht 1512 den

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 225. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/246&oldid=- (Version vom 1.8.2018)