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Wir wissen, daß z. B. Wimpfeling und Bebel des Griechischen unkundig, Zasius ihm abgeneigt gewesen; Andere wittern hinter der ihnen unverständlichen Schrift und Sprache ein Geheimnis. In Straßburg faßt die neue Disziplin erst um die Mitte des zweiten Jahrzehnts Fuß, namentlich durch Luscinius, und ungefähr gleichzeitig in Schlettstadt durch Sapidus. In Basel aber blühen diese Studien, und wir suchen uns vorzustellen, wie inmitten der allgewohnten Latinität das griechische Wesen sich ausnimmt und wirkt. Es gehört dazu, daß den meisten Druckern Deutschlands voran Froben griechische Typen besitzt und unaufhörlich für Mehrung und Verschönerung dieses Materials besorgt ist. Konrad Melissopolitanus will von Straßburg nach Basel kommen, um hier auf günstigerem Boden seine griechischen Kurse abzuhalten. Glarean wird der erste Lehrer des Hedio in dieser Sprache, und der große Capito sitzt mit Bruno Amerbach zusammen zur Lektüre des Sophokles. Wir sehen diesen allgemeinen Eifer und merken ab und zu auch die Freude die ihn trägt; wir hören die Basler die Formenfülle und Biegsamkeit der griechischen Sprache preisen und dabei begeistert bekennen, daß nirgends reiner, nirgends eifriger, nirgends mannigfaltiger alle Künste betrieben worden seien, als bei den Griechen. Sie erleben auch das Glück, einen leibhaftigen Griechen bei sich zu empfangen.

Es ist ein Mönch vom Sinai, Clemens Palaeologus, der im Sommer 1517 auf der Kollektenreise hier durchkommt und mit dem nun diese Basler sich in seiner Sprache unterhalten können. Das Griechischlernen macht sogar den guten alten Domherrn von Hallwil wieder zum Jüngling. Und so vernehmen wir auch von Jacobus Nepos, dem Korrektor, wie er ganz im Homer aufgeht. In seiner Schule behandelt er des Lucian Dialoge und griechische Epigramme; er hält auch öffentliche Vorlesungen über die Odyssee. Vielleicht liegt hier der Anstoß zu der Odysseeausgabe, die 1520 bei Cratander erscheint, bei demselben Verleger, dem wir auch anderes Griechisches verdanken: die Dragmata Ökolampads 1518 und das Dictionarium 1519.

Ipsa musa vivit, omnes graecantur !, jubelt Rhenan. Das Wort Reuchlins scheint hier erfüllt zu sein: daß ohne Kenntnis des Griechischen Keiner als wirklich gebildet gelten könne.


Neben eine unsterbliche Literatur, die der erwachenden Welt den Geist des Altertums vermitteln soll, treten gleichen Rechtes, wenn auch lange nicht gleicher Kraft und Wirkung, die baulichen bildlichen schriftlichen Reste des antiken Lebens.

Die Anregungen zu antiquarischer Forschung kommen von allen Seiten her. Noch in Rhenans Jugendjahre fällt die Tätigkeit des Thomas

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/238&oldid=- (Version vom 1.8.2018)