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dieses Buch neben seiner Diplomatenarbeit, zur Erholung von ihr, zur Entschädigung für sie. Denn seine Lust waren die Studien, während er die Staatsgeschäfte haßte, in die er verstrickt war. Und doch standen ihm gerade auf diesem Gebiete noch die größten, freilich ergebnislosen Aufträge bevor: seinem Könige Heinrich die Kaiserkrone, seinem Meister und Gönner Wolsey die Papstkrone zu verschaffen. Erst nach Jahren, 1528, ward ihm die Befreiung aus dem Staatsdienste zuteil, die Möglichkeit der Rückkehr in sein wellenumrauschtes Vaterland und „zu den Musen, die noch süßer sind als das Vaterland“.


Im Verhältnisse zu Frankreich treten neben eine seit alters geltende Tradition neue Kräfte und Anregungen.

Vor Allem ist das Studium an der Pariser Universität zu beachten. Aber dieses Studienbild, samt Allem was daran hängt, erscheint gerade jetzt eigentümlich bewegt durch das umgebende Alltagsleben, das voll ist von Bewußtsein und Leidenschaft des nationalen Gegensatzes. Während das ganze Oberrheingebiet sich erregt und rüstet wider die „wälsche Gefahr“, bilden sich in Paris die jungen oberrheinischen Humanisten; in der Schweiz aber mahnt Schiner, die Studenten nach Wien zu schicken, nicht nach Paris, „wo sie dem Kaiser verloren gehen“.

Noch an Andres ist zu denken. Schon im fünfzehnten Jahrhundert, dann unter der Herrschaft des Bündnisses der Eidgenossen mit Frankreich von 1499 haben königliche Stipendien für Schweizerstudenten der Universität Paris bestanden; nach dem Frieden von 1516 nimmt König Franz dieses Verhältnis wieder auf und bewilligt für jedes Ort ein Studentengeld von hundert Franken im Jahre. Das Ergebnis dieser Pariser Studien würde sich vielleicht im Denken und Arbeiten jedes Einzelnen verfolgen lassen, sowohl Äußerliches als Innerstes treffend, bald nur streifend und momentan aufrüttelnd, bald auf das ganze geistige Leben wirkend.

Bei diesem denkwürdigen Rapporte zweier Kulturen haben wir sowohl das Verbindende zu erkennen als das jedem Teil Eigene.

Das Gemeinsame ist deutlich verkörpert in einer Figur wie Ludwig Bär, der während einer ungewöhnlich langen Zeit sich in Paris gebildet und diese Studien dann auch in sehr ehrenvoller Weise geschlossen hat, so daß er lebenslang gleichsam im Glanze dieser Pariser Jahre steht.

Ein andrer Basler, Ludwig Copus (Kopp), ist völlig zum Franzosen geworden. In Basel 1478/79 imatrikuliert erlebte er hier die Anfangszeiten des Humanismus. Er lernte Griechisch bei Johann Heberling aus Gmünd,

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 200. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/221&oldid=- (Version vom 1.8.2018)