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Dem Allem gegenüber zeigen uns die Beziehungen zur Schweiz ein anderes Bild. Von Gegenseitigkeit ist wenig zu merken. Wir haben es mit der Provinz, stellenweise beinahe mit Kolonisationsgebiet zu tun.

Wir übersehen die Berner Wölfflin Anshelm Rubellus keineswegs; auch nicht den reichbegabten Peter Falk in Freiburg. Aber sie sind vereinzelt, und ihre Wirkung ist eine beschränkte. Mit Bitterkeit wird an vielen Orten des Landes empfunden, daß es in Barbarei und Rustizität dahinlebe.

Nur allmälich regt sich der neue Geist in weitern Kreisen. Die großen Basler Jahrzehnte sind zugleich die Zeit, da auch die Schweiz erwacht. Sie schickt sich an, „zum kriegerischen Ruhme nun noch den wissenschaftlichen zu erwerben, die strahlende Minerva dem Mars zu vermählen“. Aber der Anstoß hiezu kommt von Basel. Überall in der Schweiz ist ein beständiges Schauen, ein beständiges Horchen nach diesem Basel, das schon ökonomisch und durch eine freie reiche Entwickelung des Bürgertums der übrigen Eidgenossenschaft voran ist, dem der größte Gelehrte der Zeit und eine ruhmreiche Sodalitas und eine Universität angehören, dessen Drucker die Welt mit Büchern versorgen.

Voll Reiz ist die nun anhebende Bewegung. Wer in der Schweiz etwas werden, wer höher hinaus will, der muß nach Basel gehen und hier wissenschaftliches und geistiges Wesen kennen lernen. Aus Luzern kommen Myconius Collinus Carinus, später Johann Lylotectus, aus Brugg Albert Bürer nach Basel. Die Zofinger Chorherren sind für das Einbindenlassen ihrer Bücher auf Basel angewiesen. Aber am lautesten tönt es aus der Ostschweiz. In Basel studieren Marx Bertschi aus dem Thurgau, die St. Galler Johann Keßler und Johann Rütiner. Die Karthäuser zu Itingen kaufen Bücher in Basel und geben eine Hymne zu Ehren des Hl. Laurenz bei Froben in Druck. Der Bündner Artolf findet seine Heimat in Basel, während der alte amerbachische Hausfreund Salandronius jetzt in Chur sitzt und von dort durch Briefe mit den Baslern weiter lebt. Namentlich aber zeigen sich hier die aufgeweckten Glarner, die Fontejus Bünzli Heer Tschudi u. A., an der Spitze des ganzen Chores Glarean. Auch Zwingli gehört zu dieser Gruppe. Er ist s. Z. in Basel geschult worden; jetzt steht er mit der Rheinstadt in regstem Verkehre, dessen Inhalt die Freundschaft mit Rhenan und andern Sodalen, der Erasmuskult, die unaufhörlichen Wünsche des Büchersammlers sind.

Das Alles ist wesentlich einseitig, in der Hauptsache Wirkung Basels. Wie mächtig dabei die Superiorität dieser Stadt empfunden wird, zeigt die

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 197. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/218&oldid=- (Version vom 1.8.2018)