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Wir hüten uns vor allgemeiner Überschätzung der Buchdrucker. Unter ihnen waren gewiß hochstehende und selbständige Menschen. Aber ein Andrer war der Gelehrte, ein Andrer der Drucker. Nicht allein dann, wenn das Buch ein Produkt nur des Druckers — infolge eigener Initiative oder eines Verlegerauftrages — war, sondern auch in allen übrigen Fällen, auch neben Autor oder Editor bedurfte die Offizin gelehrter Mitarbeiter. Sie mochten Berater Helfer oder gar Führer sein; sie mochten eine allgemeine Verantwortung haben oder nur das Einzelne der Ausführung überwachen; sie waren unter allen Umständen nicht zu missen. In solchen Funktionen begegnen uns vorerst Rhenan Pellican Capito. Es sind freie übergeordnete Helfer. Einem Unternehmen die Richtung gebend, die Einzelarbeit der eigentlichen Korrektoren durch ihre großen Orientierungen und Normen ergänzend. Indem sie ihre Kenntnisse und ihre Kritik nicht nur einer Offizin zu Gute kommen ließen, sondern mehreren, ruhte der Ruhm der damaligen wissenschaftlichen Produktion Basels zum guten Teil auf ihnen. Neben die eigene Arbeit stellten sie diese unschätzbare Beistandschaft bei Froben Petri Cratander.

Unter ihnen aber drängte sich die Schar der Korrektoren oder Kastigatoren.

Setzer und Drucker hatten zu sorgen für die äußere Sauberkeit, den caracter nitidus des Textes, für die andere Qualität, die correctura exactissima, diese Korrektoren. Nicht nur um „einfache Hauskorrektur zweifelloser Satzvorlagen“ handelte es sich, sondern um wissenschaftliche Arbeit. Die sich ausbildende Philologie des Humanismus gab dieser Korrekturarbeit zuweilen geradezu den Wert einer kritischen Edition. Einer aus der Reihe dieser Arbeiter selbst hat uns, als Einleitung zu fünfzig Kolonnen Kastigationen, das Bild des mit wissenschaftlichem Ernst arbeitenden Korrektors entworfen.

Jedenfalls war solche Korrektorentätigkeit, zusamt dem unausgesetzten Kontakt mit den in der Offizin verkehrenden Gelehrten, die beste Schule eines jungen Mannes, der von der Universität kam und einer wissenschaftlichen Laufbahn zustrebte. Aber wir denken auch an die Masse des dabei Geleisteten. Es war Gehilfenarbeit, die im Einzelnen unansehnlich sein mochte, aber in ihrer Gesamtheit zu imposanter Wirkung kam. Gerade dies bedingt den eigentümlichen Reiz der Korrektorengesellschaft. Es ist eine bestimmte Gruppe von Gelehrten zweiten Ranges, eine unentbehrliche Arbeiterschaft. Hingegeben einer zu Zeiten intensiven, aber nicht immer absorbierenden Tätigkeit. Es sind Einzelne dabei, die den reichen Wechsel

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/198&oldid=- (Version vom 1.8.2018)