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alles Pathetischen. Wie im Bereiche der Kirche Pellican als eine Gestalt von seltener Reinheit vor uns steht, so im Gelehrtentreiben. Hier wies ihn seine wissenschaftliche Art ohne Frage zu den Besten. Schon frühe feierte ihn Rhenan als einen der wenigen großen Vertreter des elsässischen Humanismus; später wußte Reuchlin für die neue hebräische Professur in Wittenberg keinen Tauglicheren zu empfehlen als ihn. Sein erster Basler Aufenthalt, während dessen er das Lektoramt im Barfüßerkloster versah, dauerte von 1502 bis 1508. Die Stadt erlebte damals viel, und die Aufregung dieser Jahre reflektiert sich z. B. in den Briefen Wimpfelings; auch Pellican verlangte nach einem ruhigeren Orte und ließ sich 1508 nach Rufach versetzen. Dann im Sommer 1516 wieder weilte er hier, und zu Pfingsten 1519 wurde er Guardian des Basler Konventes.


Die bunte Schar dieser Nachgeordneten muß uns schon als Ganzes wichtig sein vermöge der durch sie gemeinsam vertretenen Gesinnung. Aber auch vermöge ihrer Funktion, Resonanz Dessen zu sein, was die Großen sagten und taten. Wie lebendig mögen sie oft den Kontrast empfunden haben! Es war das Gefühl der Nähe großer Geister, das bald niederdrückt bald erhebt; es war das Bewußtsein, nur Nebenfigur und Begleiter, höchstens Gehilfe zu sein.

Ein Zeugnis solcher Stimmungen gibt uns Bürer, bei dem neben der Verehrung für seinen Herrn und Meister Rhenan zuweilen die Klage über Aussichtslosigkeit einer solchen Subalternität durchbricht. Er verlangt nach Änderung, nach Verbesserung. Unschätzbar in ihrer Laune ist die Antwort Rhenans. Er rät dem Bürer, gleich andern Lehrkurse für Jünglinge aus guten Häusern einzurichten. Er werde damit sein Glück machen, Geld und Gönner gewinnen; solches Lehren sei auch das beste Mittel, um selbst gelehrt zu werden und durch die beständige Übung einen eigenen Stil zu erlangen. Es gebe aber noch einen andern Weg, der aus dem Elend heraushelfen könne, nämlich Söhne reicher Herren oder Nepoten großer Prälaten als Mentor zur Universität zu begleiten, nach Mailand oder Bologna oder Wittenberg. Von solchem Dienste heimgekehrt werde er mit Hilfe seines Herrn leicht Gelegenheit haben, entweder eine fette Pfründe zu erlangen oder eine wohlhabende Matrone zu heiraten, die er nach ihrem baldigen Tode beerben und sodann als reicher Mann eine schöne junge Frau nehmen könne. Die dritte Möglichkeit sei die Arbeit eines Korrektors in der Druckerei.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 165. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/186&oldid=- (Version vom 1.8.2018)