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gelehrte Welt, über die verjüngte Herrlichkeit der Wissenschaften. Da erklärt Erasmus, durch mancherlei Täuschungen ermüdet, dem Genossen mit der ungebrochenen Kraft und der glühenden Seele die Leuchte übergeben zu wollen, damit er sie weiter trage. Was Erasmus begonnen, solle Capito fortführen.

Diese Worte trafen das innerste Gefühl Capitos. Sie schienen ihn dahin zu weisen, wo in der Tat seine stärksten Interessen waren, zur Wissenschaft. Neben Christus und den Freunden wollte er jetzt einzig den Studien leben. In der Begeisterung dieses Entschlusses arbeitete er an seinem Hauptwerke, der hebräischen Grammatik. Welche Konflikte mußten sich bei derartigen Neigungen dem Münsterprediger durch die junge lutherische Bewegung ergeben! Aber diese seine Amtstätigkeit fand schon früh ein Ende, mit ihr zugleich auch, so viel wir sehen, die gelehrte Arbeit Capitos überhaupt.

Nach dem Rate Schiners und anderer Freunde ging Capito im Herbste 1519 nach Mainz und bewarb sich dort beim Reichskanzler, dem Erzbischof Albrecht, darum, daß ihm vom neugewählten König Karl vermöge des herkömmlichen Rechtes der „ersten Bitte“ eine Pfründe am Basler Domstift gegeben werde. Aber bei den Verhandlungen hierüber schritt der Erzbischof ein und versprach dem Capito die Dompredigerstelle in Mainz selbst. Capito nahm diesen Ruf an und verließ Basel im April 1520.


Glareanus, als Heinrich Loriti 1488 im Glarnerlande geboren, war Schüler des Rubellus, dann seit 1507 Student an der Universität Köln. Hier wurde er Magister 1510. Er hielt Vorlesungen über Vergil; Caesarius wirkte auf ihn und mit besonderer Kraft Herman von dem Busche; er versuchte sich auch in geographischen Arbeiten ; er nahm Teil am großen Streite Reuchlins, als dessen Gefolgsmann; zuletzt 1512, in einer grandiosen Szene vor den Fürsten des Reiches, empfing er von Kaiser Maximilian den Lorbeerkranz des Poeten. Leidenschaftlich und in mächtigen Äußerungen erlebte er so das Wesen des Humanismus, den er als die Bestimmung seines Lebens empfand. Aber sein Sinn stand auf Basel; er hatte die Stadt bei wiederholtem Durchreisen kennen gelernt; sie war ein Teil des schweizerischen Heimatlandes, nach dem er sich sehnte, und zugleich eine Stätte des ihm unentbehrlichen geistigen Lebens. Sein Freund Zwingli sowie die Glarner Behörden sollten ihm zu einer philosophischen Lektur an der Universität Basel helfen. Auch an dem Cantor, spätern Propst zu St. Peter, Johann Heinrich Wentz, hatte er einen Gönner. Im Frühling 1514 traf er hier ein.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 150. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/171&oldid=- (Version vom 1.8.2018)