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Die Epoche ist noch durch Anderes ausgezeichnet. Sie hat auch nationale Bedeutung. Cono kommt aus Italien nach Basel, Rhenan aus Paris, Erasmus aus den Niederlanden. Sie bringen Deutschland die Kräfte und den Ruhm, die bis dahin andre Nationen allein zu besitzen gemeint hatten. Wie Sapidus in Schlettstadt dies fühlt und seinen Jubel darüber in einem Lob auf Basel ausströmen läßt, so ist auch der Abschiedsbrief, den Rhenanus am 1. März 1512 aus Basel an seinen Pariser Lehrer Jacob Faber ergehen läßt, auf solche Empfindungen gestimmt.

Alles dies geschieht um die Jahrzehntwende, in der ersten Jugend des eidgenössischen Basel. Was Wimpfeling und Andere am schweizerischen Bauernvolke zu tadeln haben, gilt nicht auch für diese Stadt, in der sich jetzt „der Glanz Latiums erneuert“. Mächtig eindrücklich ist auch das Zusammentreffen mit den großen politischen Erlebnissen. „Der Sturm der Geschichte ist dem Gedanken günstig.“

Es beginnt das foelix aevum, die große geistige Zeit Basels. Neben die Regenten des Staates, die wir kennen gelernt, tritt das imperium wissenschaftlicher und künstlerischer Führer.


Die als solche Meister der neuen Zeit Basels berufen waren — Rhenanus Bär Capito Glareanus Erasmus —, stellten sich im Laufe weniger Jahre, 1511—1514, hier ein. Sie hatten schon Manches erlebt, ehe sie in Basel Fuß faßten; hier konnten sie, was sie hinter sich gelassen, auf andre Weise und in gesteigertem Maße weiterführen. Sie fanden den alten, jetzt neu erwachenden wissenschaftlichen Ruhm dieser Stadt und sahen sich empfangen durch dessen stärkste Träger: die Söhne Amerbachs und Johann Froben.


Beatus Rhenanus hatte zur Heimat den Schicksalsort des elsässischen Humanismus, Schlettstadt. Inmitten der merkwürdigen geistigen Regsamkeit dieses Bauern- und Handwerkerstädtchens wurde er 1485 geboren. Seine erste Bildung erhielt er natürlich in der berühmten Stadtschule; Craft Hofmann und nach dessen Tode 1501 Hieronymus Gebwiler waren seine Lehrer. Dann 1503 zog er zur Universität nach Paris.

Durch eine Fülle eigenartiger Zeugnisse ist uns möglich gemacht, die geistige Entwickelung des Rhenanus zu erkennen.

Schon früh insbesondere die Selbständigkeit des Denkens; sie ruht auf dem Ernst und der Reinheit seines Wesens, auf seinem unermüdlichen Fleiße. Eine ihrer Äußerungen ist auch, daß er schon neben den Schülerarbeiten

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/165&oldid=- (Version vom 1.8.2018)