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er während der Jahrzehnte des Überganges das Verschiedenartigste und immer gerade Dasjenige, was für die Stadt bedeutend war. Nach einigen Jahren Verwaltung der wichtigen Landvogtei Farnsburg, 1486—1494, trat er in den Rat und war von da an in ihm unausgesetzt tätig, schon von 1496 an als Oberstzunftmeister, dann bald als Bürgermeister. Seine denkwürdigste Leistung der frühern Periode war die Gewinnung des kaiserlichen Privilegs von Antwerpen 1488. Dort führte er Basel enger dem Reiche zu, dreizehn Jahre später der Eidgenossenschaft. Als das Haupt der Stadt schwor er 1501 den Schweizern. So hat er die entscheidenden Jahre der Basler Geschichte an höchster Stelle miterlebt; aber wir vermögen nicht zu sagen, wie weit er Urheber der Ereignisse gewesen ist und wie weit nur ihr Benützer. Nach dem Jahre des Bundes war er jedenfalls der am häufigsten handelnde Vertreter Basels in eidgenössischen Dingen. Daher auch in der ganzen Schweiz wohl der bekannteste und angesehenste Basler dieser Zeit. 1502 Gesandter zu König Ludwig, 1512 Gesandter zu Kaiser Max; aber auch Kommandant des ersten eidgenössischen Heerzuges Basels 1503. In solcher Kraft und Gewandtheit überdauerte er Perioden und Schwankungen baslerischer Politik, und als er 1514 starb, konnte er zurückblicken auf eine mit seiner Person enge verbundene gewaltige Entwickelung der Vaterstadt. Im Momente höchsten Glanzes erlitt er den Tod. Wie viel aber sein Leben und nun sein Tod galten, zeigt die ungewöhnliche Betätigung von Rat und Bevölkerung bei seinem Grabgeleite.

Ähnliche Beachtung fordert Offenburgs Genosse Lienhard Grieb. Eine eigenartige Gestalt voll Feinheit und Leben. Im Dienst am Gemeinwesen war er der würdige Erbe seines Vaters, er wurde zu einem Führer gleich Offenburg. Seit 1494 im Rate, versah er von 1504 bis zu seinem Tode 1516 das Oberstzunftmeisteramt. Das ihn besonders Auszeichnende aber war seine Bildung. Schon an seinen Akten erkennen wir die geistige Eigenart des Mannes; sie treten aus den übrigen Skripturen vor vermöge der individuellen Schrift sowie der Klarheit und Leichtigkeit des Satzbaus. Aber auch alles Übrige läßt die Kultur Griebs erkennen. Seinen akademischen Jugendjahren und dem 1482 zu Basel erworbenen Magistertitel verdankte er, daß er an den eidgenössischen Konferenzen Doktor Grieb hieß, als der einzige Tagherr dieser besondern Qualität neben dem Berner Thüring Fricker, seinem Freunde. Daher er auch, wie wir gesehen haben, in einem solennen Momente und am feierlichsten Orte der Welt, im Vatikan vor Papst Julius, als Orator der Eidgenossen seine Bildung erweisen konnte. Aber wie er hier mit seinem Latein vor kritischen Hörern Ehre einlegte, so

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/139&oldid=- (Version vom 1.8.2018)