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französischen Missiven, die der Rat hinausgehen läßt, seine nach modernen Mustern redigierten lateinischen Episteln. Schon bisher hat er mit Kaiser und Reichsfürsten oft wie mit Seinesgleichen verkehrt; jetzt sind seine Pairs auch die Könige von England und von Frankreich, die Sforza, der Allerheiligste Vater der Christenheit, die staunenswerte Signorie von Venedig. Basel genießt eines Machtgefühls und im Verbände der Eidgenossenschaft auch wirklicher Macht, wie nie zuvor.

Dabei ist unverkennbar etwas Lichtes Geräumiges, das früher mangelte. Das endlose Detail des fünfzehnten Jahrhunderts findet keine Fortsetzung. Aber nicht Verarmung, sondern Vereinfachung sehen wir. Die alten Rubriken der Ratsausgaben für Gesandtschaften und politischen Verkehr, Zeugnisse einer unsäglichen Mobilität, werden beinahe monoton. Auch in der offiziellen Gastfreundschaft herrscht eine andere Art. Noch immer natürlich finden allerhand Besucher und Supplikanten den Weg ins Basler Rathaus, von den lustigen Musikanten bis zum „Sohne des alten Kaisers von Konstantinopel“, der sich 1613 den Wein schenken läßt. Aber das Gewimmel früherer Zeiten hat aufgehört. Das Rathaus sieht nicht mehr die vielen kleinen Freunde und kleinen Feinde. Auch kaum mehr den Glanz persönlicher Fürstenbesuche. Aber Botschafter der Mächte gehen ab und zu. Am häufigsten wohl die päpstlichen Legaten, als welche Filonardi und Pucci zu nennen sind, namentlich aber der große Kardinal von Sitten Matthäus Schiner. Unter allen Diplomaten, mit denen Basel zu tun hat, tritt diese eine Figur mit unwiderstehlicher Macht hervor. Ob er Pläne entwirft, agitiert, hinreißend redet, Bündnis oder Krieg betreibt, Truppen wirbt und zur Feldschlacht ruft, überall handelt er als der leidenschaftliche Hasser Frankreichs, als maximus protector nationis Germanicae. Dieser „heiße Mensch“ läßt Niemanden zur Ruhe kommen; auch für Basel gehört er zum Leben der gewaltigen Zeit. Mit Bürgermeister Offenburg ist er vertraut, den Jacob Meyer nennt er seinen lieben Freund und Bruder.

Wichtig ist die Wirkung dieses Zustandes auf Basel selbst. Als Schärfung aller Fähigkeiten, als Wachsen aller Kräfte. Es gab natürlich schwere Momente, oft die furchtbarsten Beängstigungen und Sorgen, eine Verantwortlichkeit Weniger für die größten Ansprüche an das Gemeinwesen und den Einzelnen. Es gab auch Versuchungen aller Art, Korruption und Gewalttat. Aber es fehlte auch nicht an Ehre und Triumph.


Wir beachten dabei auch die Wirkung auf die städtischen Finanzen. Die Rechnungen dieser Jahre nennen die gewaltigen Summen, die jetzt

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/119&oldid=- (Version vom 1.8.2018)