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An den mündlichen Verkehr schlossen sich Beziehungen ins Weite. Basel war Sammelpunkt und Durchgangsort für zahllose hin und her, auf und nieder gehende Meldungen; der Rat hatte seine Kundschafter an allen Höfen; er trat in bisher nicht gewohnten Rapport mit Städten wie Metz und Köln; neben seinem offenen Briefwechsel mit Herzog Sforza ging die vertrauliche Korrespondenz des Hans Irmi.

Basel sah sich vor eine gewaltige Arbeitspflicht gestellt. Die „Tage“ häuften sich in Masse. Die Briefladen und die Missivenbücher des Rates aus dieser Zeit lassen ahnen, wie sehr alle Kräfte in Anspruch genommen wurden. Die finanzielle Belastung war außerordentlich. Viel größer noch, was an geistiger Betätigung und an Verantwortlichkeit gefordert wurde. Aber wir erfahren nichts Zuverlässiges über die Männer, denen die Stadt damals sich anvertraute. Einen guten und launigen Herrn aber schlechten Soldaten nennt Knebel den Bürgermeister Peter Rot; an Konrad von Laufen rühmt er die in langer Erfahrung gereifte Klugheit. Im übrigen finden wir nur Namen, und die Ereignisse selbst müssen uns die persönliche Art und Bedeutung dieser Männer lehren: des Hans von Bärenfels, des Heinrich Zeigler, des Hans Irmi, des seit langem tätigen und auch jetzt wieder viel beschäftigten Heinrich Iselin, des Lienhard Grieb usw. Wichtiger als Alle diese aber war vielleicht der Stadtschreiber Niklaus Rüsch, der im Herbst 1474 aus der geeignetsten Vorschule, Mülhausen, nach Basel kam und hier an die Spitze der städtischen Kanzlei gestellt wurde.

Was aber neben der Arbeit dieser Männer die Zeit erfüllt und ihr Bild für uns bestimmt, ist die dauernde und allgemeine Spannung der Geister. Nach der Größe des Unternehmens und der Gefahren ist die Gewalt der Erregung zu messen, die während all dieser Jahre die Bürgerschaft erfüllte.

Nicht durch eigene Initiative kam Basel in diese Lage. Aber es ist historisch bedeutsam, in welcher Weise es dann der unerbittlichen Nötigung begegnete und zu der Größe wuchs, die für Bemeisterung solcher Aufgaben gefordert war. Alle Energie, aller Patriotismus wurde durch die Gefahr erweckt; eine Leidenschaft, die „Mutter großer Dinge“, beherrschte Basel, die ihm sonst ferne blieb. Es eröffnete mit diesen Taten die schönste Periode seiner Geschichte, und denkwürdig bleibt, daß unter den gewaltigen Ereignissen der Burgunderzeit auch das Geistige reifte, daß in eben diese Jahre die erste Blüte der Universität fiel.

Und wie nahe wird uns diese Zeit gebracht durch eine Überlieferung von seltener Fülle! Das durch die Kanzlei mit einer sonst nicht gewöhnlichen

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/73&oldid=- (Version vom 5.7.2016)