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Diese Verhältnisse waren geordnet, indem Voraussetzung des Kleinhandels die Zugehörigkeit zur betreffenden Zunft war, der Großhandel dagegen Jedermann frei stand und nur an die Lokalität des Kaufhauses gebunden war. Aber reine Großhändler sind unter den einheimischen Kaufleuten kaum nachzuweisen. Die Großhandel treibenden Basler waren — vielleicht mit Ausnahme von Halbisen Wolfer Jimi — vor Allem Detaillisten. Erst die Handelsgesellschaften als solche scheinen ausschließlich das Engrosgeschäft getrieben zu haben, wobei sie wohl auch über den Kaufhauszwang sich hinwegsetzten.

In den Gesellschaften hauptsächlich zeigte sich die Macht von Handel und Kapital. Sie waren am ehesten in der Lage, „von Rohstoffen oder Handwerksprodukten das heranziehende Angebot vor den Toren oder das Angebot auf fremdem Markte vollständig aufzukaufen“ und danach den Markt in Basel zu leiten. Die Preissteigerung, die Verteuerung des Lebens wurde ihnen zur Last gelegt; sie schädigten nicht nur Produzenten, sondern das Publikum überhaupt. Durch „unerträglich billigen Import von Produkten“ vermochten sie das heimische Handwerk zu treffen. In der Assoziierung mit Fremden, die bei so manchen dieser Gesellschaften stattfand, lag eine direkte Verletzung bestehender Vorschriften.

Auch die Verlegerei trat jetzt in andern mächtigeren Formen auf. Bei den Textilgewerben bestand sie ja schon frühe durch die Teilnahme der Grautücher und der Krämer an der Produktion von Wollentuch Leinwand und Schürlitz. Nach der Mitte des XV. Jahrhunderts aber griffen Kapital und kaufmännische Unternehmungslust auch auf andern Gebieten ein. Von hohem Interesse ist namentlich, wie bei der Buchdruckerei zahlreiche Kaufleute ihren Nutzen suchten. Als aufmerksame Köpfe wurden sie sofort inne, daß hier nebenan, auf einem vom Zunftrecht freien Gebiete, gute Geschäfte zu machen seien, und so sehen wir massenhaft kaufmännisches Kapital durch Andres Bischof, Ulrich Meltinger, Peter von Wissenburg, Michel Meyer, die „große Gesellschaft“ usw. an die Herstellung und den Vertrieb gedruckter Bücher gewendet. Gleich der Papiererei konnte hiedurch auch der Buchdruck sofort die Form des Großbetriebs gewinnen, und wie von diesen „freien Künsten“ überhaupt starke Anregungen kommerzieller Art ausgingen, so zeigte sich nun das Verlegertum auch im Bereiche des Zunftsystems kräftiger und rücksichtsloser. Ulrich Meltinger nahm über die zünftigen Webermeister hinweg die billige Bauernarbeit in seinen Dienst, ließ seine Wolle durch badische und elsässische Landweber verarbeiten, und wir wissen nicht, ob die Zunft hiegegen sich erhob. Namentlich aber sehen wir den Balthasar Irmi, dann

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 528. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/549&oldid=- (Version vom 28.11.2016)