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Wir haben in der Stadt eine „Station des Fernhandels zu erkennen, in dem Handel die Wurzel städtischen Lebens!“

Das Wachsen der Stadt fördert die Gewerbe, macht den Import z. T. entbehrlich. Die Zünfte entstehen, sie organisieren den Markt, ohne zunächst schon ein ausschließliches Recht ihrer Genossen auf den Absatz zu behaupten; nur die fremde Arbeit beseitigen sie.

Aber die Stadtwirtschaft, aus Produzentenpolitik, in höherm Sinne aus Einwohnergefühl Munizipalgeist erwachsend, geht über diese Grundlage des Zunftrechtes hinaus. Nicht sofort, sondern in allmählicher Ausbildung und Spezialisierung. Sie opponiert nicht nur der fremden Arbeit, sondern auch dem fremden Handel, und wie diesem so auch dem einheimischen. Sie ist jeder kaufmännischen Zwischenhand feind, weil diese für den Produzenten auf den Preis drückt, für den Konsumenten den Preis treibt. Sie will Unabhängigkeit des Handwerkers vom Kaufmann sowohl im Erwerbe des Rohmaterials als im Absatze der Produkte.

Prätensionen dieser Art mögen in kleinern Verhältnissen als denjenigen Basels durchführbar sein. Allenthalben aber und von vornherein ausgeschlossen sind sie für Alles, was am Orte weder produziert noch konsumiert wird, und vollends nicht in Betracht kommen sie für das gesamte Transitwesen. An diesen Punkten lebt die alte Verkehrsfreiheit weiter, hält der Handel sein Recht und seine Macht fest; von ihnen aus sucht er die ursprüngliche herrschende Position wieder zu erreichen.

Bei Betrachtung dieses Kampfes haben wir uns vor Allem Folgendes klar zu machen: über das Handwerk, das Zunftrecht, die Stadtwirtschaft lassen sich in der Hauptsache nur Ordnungen vernehmen, über den Handel neben wenigen Ordnungen zahlreiche persönliche Akten, Prozeßschriften, Berichte von Transportzuständen und Transportereignissen u. dgl. m. Die Stellung des Handwerks ist bezeugt wie sie sein sollte, die Stellung des Handels wie sie war. Dadurch ist eine richtige Beurteilung der Parteien und des ganzen Verlaufes erschwert.

Handelsfreiheit auf der einen Seite, Schutz der Nahrung jedes einzelnen Bürgers auf der andern: um diese Güter wurde gestritten; der wirtschaftliche Kampf kreuzte sich mit politischen und sozialen Bewegungen. Dabei wurde die Sache des Handels geführt und vertreten durch die Handelszünfte, vor Allem durch die unruhigen alten Widersacher der handwerklichen Stadtwirtschaft, die Krämer.

Aber es handelte sich zunächst nicht um den Gegensatz von Groß- und Kleinhandel.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 527. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/548&oldid=- (Version vom 28.11.2016)