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Zscheckabürlin ist Goldschmied und Wechsler; außerdem bestellt er bei dem Weber Clewi Horwer siebenundsiebzig Schürlitztücher, jedenfalls nicht zum Hausgebrauch, sondern auf Mehrschatz. Der Tuchhändler Claus Schmidlin importiert auch Stahl. Ein Kürschner handelt Senf in Epinal ein und vertreibt ihn in Zürich. Auch dem Betrieb reiner Geldgeschäfte neben dem Gewerbsbetrieb begegnen wir öfter als früher. Ebenso dem Vertauschen des Handels an die Produktion. Ludman Meltinger z. B. beginnt als Schneider, wird Tuchhändler und heißt Kaufmann. Henman Spitz wird bald Tuchscherer bald Gewandschneider genannt. Eins greift ins Andre hinüber, und die Zunftverfassung dient wo nötig diesem Bedürfnisse mit der Form der Mehrzünftigkeit.

Jedenfalls ist die Beweglichkeit dieses ganzen Wesens beachtenswert. Gestalten werden möglich wie der Wirt Hans Schreiberlein, der auch Geld- und Warengeschäfte treibt, mit aragonesischem Safran, mit Wein und andern Dingen handelt und dabei über alles Ruhige und normal Geschäftliche hinauswächst; ein Keckes, fast Wildes ist in ihm, ganz im Geiste dieser von Gewalt und Fehde erfüllten Zeit. Dann der große Kaufmann Uli Eberhard, ursprünglich wohl Nagelschmied, dann Eisenhändler, der aber auch in Zinn, ungarischem Kupfer, provenzalischem Buchsholz handelt. Überall Fernbetrieb, Besuch fremder Märkte, auswärtige Beziehungen; den damaligen Klagen der Stadtwirtschaft über Verödung des Kaufhauses, über Rückgang des lokalen Handels gegenüber. 1413 schließen die Basler Kürschner mit solchen andrer Städte einen Vertrag über die Währschaft im Pelzhandel. 1418 bezieht Henman Offenburg einen Transport Blech für den Rat aus Nürnberg. Wie 1405 auf dem Bodensee, 1410 bei Innsbruck baslerische Kaufmannsfuhren, die von Venedig kommen, geplündert werden, so weisen ebenfalls ins Weite und erinnern an diese beschwerlichen Handelsfahrten die Basler Namen Gottschalk Offenburg Zscheckabürlin Stralenberg Sinz Murer usw. im Bruderschaftsbuch des Hospizes von St. Christoph auf dem Arlberg. Auch auf den Genfer Messen finden wir in dieser Zeit die Basler Kaufleute. Der Krämer Hans Erhart läßt 1422 Fuhren mit Unschlitt und andrer Ware nach Dynung Lenger usw. gehen. Daneben erhält die heimische Industrie neue Förderung. Der Rat zieht 1410 einige Lombarden mit Gesellen nach Basel, damit sie hier Tuch machen; die Basler Georg Kast und Peter Spitz begegnen uns als Leinwandverkäufer in Avignon, und im Lohntarif der Schiffleute stehen die Baselzwilchfardel neben den Gewandballen von Mailand und den Schwäbischen Leinwandfardeln als Hauptartikel des Rheintransports nach Frankfurt. Außer ihnen die Safranballen.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 510. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/531&oldid=- (Version vom 20.11.2016)