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Wie anderwärts darf auch in Basel diese Industrie schon früh als eine ansehnliche gelten; sie schuf die Grundlage für den spätern hohen textilen Ruhm Basels. „Was wäre die Stadt, wenn der Weber nicht wäre!“

Aber die Anfänge des Gewerbes bleiben verborgen. 1248 ging seine Leinwand auf einem Schiffe von Marseille nach Syrien, 1268 erlangte es zünftige Organisation. Doch wurde das Zunftrecht hier lockerer als in andern Gewerben gehandhabt. Neben dem Eigenwerk scheint viel Lohnwerk gewesen zu sein, bei dem die Weber das durch Private oder Händler ihnen gelieferte Rohmaterial für diese verwoben. Auch bestand eine starke unzünftige Produktion, namentlich von Frauen, ausgezeichnet durch die prachtvolle Heidnischwirkerei. Wir finden individuelle und sachliche Vielgestaltigkeit; überdies bestimmte Zeugnisse für die große Zahl der Weber. Dennoch ist das Gewerbe als Ganzes merkwürdig verborgen, dem Markte fern; ein Bild stiller Hausarbeit in dem abgelegenen Weberquartier an den Steinen.

Der Name der Zunft — Weber und Linweter — deutet wohl auf die beiden Gebiete der Weberei: Wolltuch und Leinwand. Dieser Teilung in der Produktion entspricht die Teilung im Handel.

Auch diejenigen Weber, die nicht Lohnarbeiter waren, scheinen Anfangs wenig für den Markt produziert zu haben. Das Gewerbe betrieb kaum einen Detailverkauf seiner Erzeugnisse, sondern verkaufte diese meist sofort dem Händler. Abnehmer solcher Art waren für die Leinwand die Krämer, für das Wolltuch die Grautücher.

Die Grautücher, mit den Tuchbereitern in Wien und den Marnern in Ulm zu vergleichen, waren nicht Produzenten, sondern Unternehmer. Zum Teil mochten sie den Webern schon die Wolle liefern und diese verarbeiten lassen, zum Teil das im Eigenwerk verfertigte Produkt ihnen abnehmen; in jedem Falle aber bestand ihr Gewerbe darin, das rohe vom Webstuhl kommende Tuch durch Reinigen und Walken zum Gebrauche tauglich zu machen. Damit aber hatten nicht die Weber, sondern sie selbst den Handel mit einheimischem Tuch in der Gewalt. Als frühestes Zeugnis dieses Betriebes kennen wir einen Vertrag, den das Grautücherhandwerk 1329 mit dem Eigentümer der Walke am Kohlenberg schloß; dieser, Meister Jacob im Baumgarten der Brotbeck, übernahm die dauernde Verpflichtung, den Grautüchern mit seiner Walke zu dienen, wogegen sie ihm versprachen, jeweilen die Hälfte ihrer Tuche durch ihn walken zu lassen, und damit einen gewissen Betrag von Walkelohn garantierten.

Den Vertrieb von Leinen-, Baumwollen- und Seidenstoffen hatten die Krämer.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 496. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/517&oldid=- (Version vom 20.11.2016)