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Unverkennbar wurde nicht nur die Wirtschaft, sondern die ganze Politik der Stadt durch diese Zustände bestimmt. Es war ein Treiben, das unausgesetzt ans Innerste allen städtischen Gedeihens griff. Rings um Basel, „ob sich und nid sich“, immer wieder diese Sperre der Straßen, die Hemmung des für Nachbarn wie Einwohner unentbehrlichen täglichen Verkehrens und Lebens; und weiter hinaus die schwere Gefährdung jedes großem Unternehmens, jedes Fernhandels.

Wie uns aber Bedeutung und Wert des Handelsstau des für die Stadt bei jeder dieser Klagen aufs neue klar werden, so auch die Verhältnisse, unter denen er arbeiten mußte, die Eigenart dieser Berufsausübung. Es war in der Tat nicht Überhebung, wenn er dem unzufriedenen und begehrlichen Publikum zurief: „Ihr bleibt ruhig daheim und verlangt euren Bedarf von uns; wir müssen Leib und Gut im fremden Lande wagen“. Umständlichkeiten Mühen Strapazen, namentlich aber eine stete Gefahr bestimmten das Wesen dieses alten Kaufmanns- und Krämerlebens. Es war eine Zeit, die auch hier, bei der scheinbar friedlichsten Tätigkeit, unglaubliche Ansprüche an Nerven und Körperkraft stellte.

Werkzeuge und Hauptträger dieses ganzen Verkehrs aber waren die Fuhrleute. Sie dienten etwa als Angestellte, als Hilfsarbeiter, meist aber als selbständige Unternehmer, die entweder nur für einen Kaufmann fuhren oder die Waren Mehrerer zusammen luden und beförderten. Sie hießen Karrer Hodler Roller Landfahrer; unter den Letztern vor Allen sind die großen Transporteure zu verstehen, deren Wagen sechs- und mehrspännig fuhren. Das waren die Leute, die wir beständig Land auf und ab in Bewegung und jeder Gefahr ausgesetzt sehen, Alle bewaffnet mit langen Messern oder Schwertern.

Basel scheint in früherer Zeit kein so ausgebildetes Speditionswesen wie Straßburg besessen zu haben. Doch finden wir Fuhrleute auch hier angesessen und gleich ihrem Hilfsgewerbe, den Karrensalbern, zu Gärtnern zünftig. Um das Jahr 1500 ist eine auffallende Zunahme dieses Gewerbes zu beobachten. Dabei waren natürlich jederzeit auch auswärtige Karrer und Landfahrer in Basel anzutreffen, wo sie Station machten. Bei Kriegsgefahr requirierte der Rat auch ihre Gespanne und Fuhrwerke; im Übrigen hatten die Gerichte auffallend häufig mit diesen Fremden zu tun und auf Begehren ihrer Kreditoren, namentlich der Herbergswirte, ihnen Wagen und Rosse zu nehmen. Aber fremde wie einheimische Fuhrleute brachten hier auch dem heiligen Eulogius im Münster ihre Dankopfer für Hilfe in Krankheit der Pferde oder andern schweren Nöten.


Diesem vielgestalteten Fuhrwesen gesellte sich als ein noch stärkeres

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 486. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/507&oldid=- (Version vom 20.11.2016)