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Basler Kaufmann nordwärts führten, durch das St. Amarintal und über den Col de Bussang, rechts und links dem Rhein entlang, von Straßburg nach Luxemburg folgte ein Gebiet dem andern, in deren jedem er sich das Geleite zu erkaufen hatte. Nicht aus Pflicht, aber aus Interesse. Zuweilen war die Grenze der verschiedenen Geleite strittig; 1442 mußte z. B. festgestellt werden, wie weit landaufwärts das Geleite des Bischofs von Straßburg reiche. Andre Geleitsherren waren vor Allem Österreich, im XIV. Jahrhundert der Graf von Freiburg, die Markgrafen von Hochberg und von Niederbaden, der Pfalzgraf usw. Alljährlich sehen wir den Rat für seine zu den Frankfurter Messen reisenden Kaufleute um diese verschiedenen Geleite werben; der Straße Straßburg-Luxemburg galten die wiederholten Geleitsbriefe der Herzoge von Lothringen, der Grafen von Zweibrücken usw. Jedenfalls bildeten diese Geleitsgelder einen großen Teil der ohnedies schon großen Reise- und Transportkosten; wie hoch sie steigen konnten, zeigt die lange Liste der Beträge, die durch Basler während der Ortenberger Fehde an die österreichischen Beamten zu zahlen waren.

Basel selbst besaß, durch Verleihung Kaiser Karls von 1372, das Geleitsrecht, alle zu ihm Kommenden und von ihm Gehenden zu schirmen bis dahin, wo sie sicher seien. Zur Ausübung dieses Geleites dienten ihm seine berittenen Söldner.

Aber trotz alledem: die Überfälle waren zahllos. Nur die Gebiete der Eidgenossenschaft boten Sicherheit, außerhalb ihrer waltete eine nicht zu bändigende Räuberei. Wir haben den Eindruck, nur zufällig Vereinzeltes zu erfahren; gleichwohl sind diese Meldungen ohne Ende und von der mannigfaltigsten Art: von der ausgibigen Plünderung einer ganzen Meßkarawane durch alle Formen und Beträge hindurch bis zum Niederwerfen eines einzelnen Karrers oder Viehhändlers. Aus solchen Vorfällen konnten sich Fehden entwickeln und jede Fehde als solche wieder andern Helden der Landstraße Anlaß bieten, über die Kaufleute herzufallen. Die unaufhörlichen Klagen der Geschädigten und der Stadt, die vor Allem in den 1420er Jahren, dann wieder nach der Mitte des Jahrhunderts laut werden, aber auch sonst nie verstummen, zeigen, daß auch das Geleite nicht vor Frevel und Raublust schützte.

Es handelte sich freilich nicht nur um diese. Sondern auch um Repressalien, die wie Rechtsmittel aussahen, und um völlig standesgemäßes unanstößiges Verfahren auch hoher Herren, weil jeder Feind, ja jeder Gläubiger der Stadt sich für befugt halten konnte, gegebenen Falls auf irgend Einen der Ihrigen zu greifen und sich an diesem zu sättigen.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 485. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/506&oldid=- (Version vom 20.11.2016)