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Gleicher Art war die Reglementierung der Bäcker. Nur daß diese Maßregeln oft dem Kämpfen mit einer schwer zu bezwingenden Unfügsamkeit gleichen.

Verfassung und Organisation des Bäckergewerbes zeigen sich uns viel deutlicher als bei den Müllern und in reicher Gestaltung. Wir dürfen dabei nicht übersehen, daß neben den Berufsbäckern zahlreiche private Backöfen bestanden; noch im XVI. Jahrhundert begegnet solche Hausbäckerei.

Zu Beginn stehen Offizium und Zunft nebeneinander vor uns. Jenes, das marktherrliche Amt, das neben den Bäckern auch die Müller beherrscht, wird vertreten durch Vitztum und Brotmeister; von ihm verschieden ist die communitas panicum, das consortium pistorum, deren Ausbildung zur Zunft die Kompetenz des Amtes nicht berührt; Vitztum und Brotmeister üben ihr Recht den Genossen der Zunft gegenüber so gut wie zuvor den Genossen des offenen Handwerks. Auch aus den Streitigkeiten ergibt sich ein Nebeneinanderbestehen: der Brotmeister hat Gerichtsbarkeit Brotschau Preisregulierung, nimmt Bußen und Gefälle ein; die Zunft übt ihren Zunftzwang, nimmt Genossen auf, leistet der Stadt Wacht- und Kriegsdienst.

Nun aber, in der ersten Hälfte des XVI. Jahrhunderts, greift die Gemeinde ein, nachdem ihre wiederholten Beschwerden über Kleinheit der Brote usw. vom Brotmeister nicht beachtet worden sind. Der Unwille und das Geschrei des Publikums sind groß, so daß der Rat einen Aufruhr besorgt, der nicht nur über die Bäcker, sondern auch über ihn selbst gehen könnte. Entschlossen nimmt er daher diese Gewerbekontrolle selbst in die Hand und setzt sich an die Stelle des alten Marktherrn, des Bischofs, der sich der Sache ja doch nicht annimmt. Er konfisziert die zu kleinen Brote, ordnet eine Brotschau, bestimmt den Brotpreis und behält sich überhaupt jede erforderliche Reglementierung vor, nicht nur des Brotmarktes, sondern auch des Aufnahmewesens der Zunft; Alles dies, wie er beschönigend erklärt, „dem Bischof an seinen Rechten unschädlich“. Von nun an ist der Brotmeister zurückgeschoben auf seine Gerichtsbarkeit und das Empfangen von Gefällen; alles Übrige ist Gemeindesache. Bemerkenswert in der nun folgenden Entwickelung ist die Eigenwilligkeit und Renitenz der Bäcker, die überall laut wird. Nicht nur in ihren Zänkereien mit den Müllern, den Gärtnern, dem Brotmeister; wie der Rat sie seinen Ernst fühlen läßt, drohen sie mit Streik oder Auswanderung; der Rat gibt aber nicht nach. Auch gegen die Verteurung und Schließung ihrer Zunft schreitet er ein; und da sie zu Beginn des Konzils entweder diesen neuen Verhältnissen nicht gewachsen sind oder sie ungebührlich ausnützen, ruft er einen fremden

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 433. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/454&oldid=- (Version vom 10.11.2016)