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dem Fall Konstantinopels 1453 bis zum Untergange der Reichsfreiheit von Mainz 1462 und zur Veräußerung der österreichischen Vorlande an Burgund 1469 — drang eine dauernde Unruhe in das Leben der Stadt und des Einzelnen.

Bemerkenswert ist zunächst, wie nun auch die Mächte des Westens immer stärker hereinzuwirken beginnen. Kaiser Friedrich selbst hatte dadurch, daß er 1444 die Armagnaken und den Dauphin herbeigerufen, auf verhängnisvolle Weise die Beziehungen dieses Fürsten zu den oberrheinischen und eidgenössischen Angelegenheiten angebahnt; seitdem war Frankreich ein nie mehr ausscheidendes Element in der schweizerischen Politik. Daß es gelegentlich jetzt schon auch mit Basel zu tun hatte, zeigen Erwähnungen königlicher Botschafter, die hier empfangen wurden. Aber von Bedeutung war hier zunächst Burgund.

Von der Wichtigkeit dieser wälschen Influenz ist schon wiederholt geredet worden; jetzt erscheint sie getragen durch die mächtige Erscheinung Philipps, „des großen Herzogs der Christenheit“, durch das Bild seiner langedauernden und ergebnisreichen Regierung, seines Hofes, den alle Fürsten aufsuchten, seiner von kriegerischer Kraft wie von Glanz und Kunst erfüllten Lande. Gerade in diesen Jahrzehnten steigerte sich der Handelsverkehr Basels mit Flandern in außerordentlicher Weise. Und jetzt sollte diese ganze märchenhafte und verführerische Herrlichkeit Burgunds den Baslern nahe kommen durch den Besuch, den ihnen Herzog Philipp für den Juli 1454 ankündigte. Er hatte sich im Mai zum Reichstage nach Regensburg begeben, wohin Kaiser Friedrich wie zu einem europäischen Kongreß, namentlich der Türkennot wegen, eingeladen hatte. Auf der Heimreise von dort, wo nichts zustande gekommen war, traf Philipp am 10. Juli in Basel ein. Da sahen die Basler neugierig den berühmten Herrscher, den Freund der Damen, aufrecht und schlank, von der fürstlichsten Haltung, mit dem hagern langen Gesichte, wie ihn Rogier van der Weyden gemalt und Chastellain geschildert haben. Er erhielt Wohnung im Hause der Sürlin auf dem Nadelberg (Nr. 6); die Stadt feierte ihn mit allem Aufwand; sogar das Rosenwasser fehlte nicht, mit dem der burgundische Hof seine Feste zu parfümieren pflegte, und der Freude des Herzogs am Turnieren zulieb wurde ein ritterliches Stechen veranstaltet. Am 12. Juli verreiste Philipp wieder über Liestal und den obern Hauenstein; Basel gab ihm ehrenvolles Geleite bis Solothurn.

Dieser Besuch Basels durch den Burgunder war nicht ohne bestimmte Absichten geschehen. Der Herzog hatte sich dem Oberrhein zeigen wollen;

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/44&oldid=- (Version vom 1.8.2018)