Seite:Wackernagel Geschichte der Stadt Basel Band 2,1.pdf/422

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Während bei der Hohen Stube das alte Stubenwesen selbständig blieb, werden neben den Zünften die zugehörigen Gesellschaften kaum mehr genannt. Die Gesellschaft verbarg sich in der Zunft, ging aber nicht unter. Heute haben wir von der Zunft nichts mehr als den Namen; was weiterlebt, ist nicht sie, sondern die Stube, die Gesellschaft.


Dieses ganze Bild zünftischer Organisation wiederholt sich verkleinert in den Gesellenverbänden. Nur daß hier das Element der politischen Funktion fehlt; statt seiner ist dieser Gruppe eigentümlich ein starker Einfluß interurbaner landschaftlicher Beziehungen.

Wir dürfen annehmen, daß ein häufiges Übertreten von Gesellen in die Meisterschaft stattfand. Aber wohl jeder Platz, der hiedurch leer wurde, fand wieder seinen Inhaber, und da auch Diejenigen, die ihr Leben lang Gesellen blieben, nicht nur hier gedient haben werden, so erhalten wir die Vorstellung stärksten Wechsels der Personen, zugleich aber auch eines hinter diesem Wechsel unverrückt dauernden Standes.

Jedenfalls handelte es sich dabei um eine beträchtliche Masse, so daß auch die Stadt als solche sich mit ihr abfinden mußte. Sie hatte ihretwegen viel zu tun. In den Leistungsbüchern und Urfehdebüchern spielen die Handwerksknechte eine große Rolle; sie vor Allen waren die unbotmäßigen Elemente der Gasse, stets übermütig und zu jedem Unfug, zu Hänseleien Schlägereien Lärmmachen bereit. Über dem Einschreiten gegen solche Einzelheiten aber stand die umfassende Maßregel des Eides, den der Rat den Handwerksknechten jährlich am Schwörtage abnahm. Sie mußten gleich den Bürgern schwören, Bürgermeister und Rat gehorsam zu sein, der Stadt Nutzen und Ehre zu fördern, in allen Streitigkeiten nur vor den städtischen Schultheißen Recht zu nehmen und zu geben. Die Ergänzung dieses Eides finden wir in den Alarm- und Kriegsordnungen, die jedem Zünftigen vorschrieben, sich beim Banner einzufinden mit samt seinen Knechten.

In solcher Weise waren die Gesellen der Stadt verpflichtet. Auf dem einzelnen Werkplatze stand der Geselle dem Meister gegenüber unter dem Rechte des Gewerbes und des Dienstvertrags, außerdem aber als Vertreter eines Standes mit eigenen Interessen und einer Verfassung, die derjenigen der Meister antwortete.

Schon im XIV. Jahrhundert sehen wir die Basler Handwerksknechte in Verbänden zusammenstehen, für jedes Gewerbe gesondert, aber durch gemeinsame Absichten verbunden und in der Hauptsache gleichartig organisiert. Neben den Unterstützungen und den kirchlichen Pflichten, neben

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 401. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/422&oldid=- (Version vom 10.11.2016)