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der beiden Rechte ausgesprochen: wer das Stubenrecht nicht kauft, dem ist man nicht verbunden, ihm geschehe Lieb oder Leid, auf unserm Hause zu schenken; aber zur Bahre und zu andern Dingen soll man ihm dienen wie jedem andern Zunftbruder.

Auch in der Organisation kam dieser Unterschied noch immer zum Ausdruck durch die Beamtung der Stubenmeister und der Irtenmeister. Auch die doppelte Bedientenschaft auf den großen Zünften Schlüssel Safran Weinleuten zeigt dies: von den beiden Knechten hatte hier der Zunftknecht (Oberknecht) seine Obliegenheiten bei den Versammlungen, beim Gefecht, bei der Wacht, bei der Leichenfolge; der Stubenknecht (Hausknecht) sollte für Essen und Wein, für das Geräte, das Linnen, Lichter und Karten sorgen; nicht der Stubenknecht, sondern der Zunftknecht hatte die Schlüssel zur Rüstkammer.

Auf den Stuben herrschte das andauerndste und lauteste Leben der Zunft, wirkte ihr Gemeinschaftsgeist am sichtbarsten. Die Stube machte das Zunfthaus zur zweiten Heimat des Genossen. Hier war sein Verband in den reichsten Formen des Lebens der ganzen übrigen Stadt vor Augen gestellt; hier fand er Essen Trinken Spiel Unterhaltung und wußte, daß er nur Seinesgleichen traf; hier konnte er einen Freund aus fremdem Land oder sonst einen Biedermann, den er gern ehren wollte, einführen. Über Alle waltete hier die Stubenordnung, die sie sich selbst gegeben, mit ihrer Tischdisziplin, ihren Anstandslehren, ihren Strafdrohungen für Unfug Scheltwort Gotteslästerung Messerzücken usw.

Stubensache waren auch die großen Mahlzeiten, die an Gedenk- und Ehrentagen der Zunft hier stattfanden und alle Stubengenossen vereinigten, am Neujahrstag Berchtentag (6. Januar) Aschermittwoch Fronleichnam, zu Weinleuten auch am St. Urbanstag, usw.

Sodann die Feste, die bei Erlebnissen einzelner Genossen hier veranstaltet wurden, die „Schenkenen zu Freud und Leid“. Kam Einer dieser Genossen von seinem hochzeitlichen Kirchgang oder von der Bestattung eines der Seinigen, hatte er ein Kind taufen lassen oder eine Tochter ins Kloster getan, so konnte er auf der Stube seiner Zunft eine Gesellschaft zusammenbitten, mit ihm fröhlich oder traurig zu sein, und empfing von der Zunft und einzelnen Geladenen Geschenke als Zeichen ihrer Teilnahme.

Dies die Stube und ihr Recht. Sie so wenig wie die Seelzunft gab politische Rechte oder verpflichtete dem Gemeinwesen; sie hatte nichts Öffentlichrechtliches mit der Zunft gemein, war von dieser gelöst. Aber schon die Mitte des XV. Jahrhunderts zeigt ein Ineinanderfließen der Begriffe.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 400. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/421&oldid=- (Version vom 10.11.2016)