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Macht. Diese Gesamtheit der Zünfte imponiert ohne weiteres als der große gewaltige Begriff, als die Repräsentanz der Stadt. Sie ist die weite Einheit, in der Alles das zusammenfließt und zu städtischer Art sich formt, was jahrüber vom Lande hereinströmt und städtisch werden will, und die ebenso unaufhörlich, freilich in keinerlei Mengen, sondern nur vereinzelt, wieder ihr Bestes abgibt an den obern Stand.

Aber auch über den Wechsel dieses Zu- und Abströmens hinaus ist es keine beruhigte Masse. Sie ist beständig erregt durch das Streben nach der Stadtherrschaft; ihr Kampf mit der Vornehmheit um diese Herrschaft bildet den innersten Kern städtischer Geschichte.

Nicht nur die Größe, nicht nur diese Ambition zur Herrschaft sind bedeutsam. Das Bild der Zünfte ist wesentlich dadurch bestimmt, daß in ihnen die Arbeit getan wird; daß dem „Müßiggang“ der in der Hohen Stube vereinigten Kapitalisten und Grundbesitzer hier die organisierte Arbeit gegenübersteht; daß die Zünfte die alltägliche unerläßliche Tüchtigkeit vertreten und die oberste Lebensnotwendigkeit erfüllen; daß durch diese ihre Arbeit die Stadt besteht und wächst und sich behauptet.

In diesem Allem zeigt sich der Gegensatz. Freilich tragen Hohe Stube und Zünfte zusammen das Gemeinwesen, dienen ihm vereint in Rat und Kollegien, im Aufgebot bei Feindes- und Feuersnot, im Kriegsheere. Aber sie tun dies nicht in gleicher Art und Bedeutung. Die Hohe Stube ist durch Verwandtschaft Lehnspflicht Lebensart vielfach unstädtisch, ihr Blick oft nach außen gerichtet. Die Zünfte dagegen sind recht eigentlich die Stadt. Sie wissen nichts Anderes, nichts außerhalb Gelegenes. Sie haben die Mängel, aber auch die hohen Vorzüge dieser Beschränkung.


Nach wenigen vereinzelten Figuren, die uns die Einwohnerschaft der frühem Jahrhunderte andeuten, tritt die Stadtbevölkerung zum ersten Male mächtig breit und laut in den Zünften auf. Dasselbe Volk, dessen Gewalttätigkeit die 1240er Jahre erschüttert, zeigt sich zur gleichen Zeit gegliedert in den Zunftverbänden.

Um die Mitte des XIII. Jahrhunderts scheint die Zunftbildung in der Hauptsache abgeschlossen gewesen zu sein; 1260 erklärte Bischof Berthold, daß beinahe alle Handwerke Basels Zünfte hätten, und unter Heinrich von Neuenburg erreichten diese Zünfte schon ihr politisches Ziel: 1274 hatten sie fünfzehn Vertreter im Rate der Stadt. Doch war dieser Ratsbeisitz nicht von Dauer. Erst 1336/37 traten Zunftratsherren neben die Ritter und Burger. Ihre Zahl kennen wir nicht. 1354 entstand noch eine Zunft,

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 388. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/409&oldid=- (Version vom 10.11.2016)