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Stellung des Adels unheilbar getroffen. Weil er nur den Begünstigern persönlich, nicht auch ihren Nachkommen galt, finden wir auch später noch zahlreiche Edelleute in Basel wohnen; sie gaben gewissen Gegenden der Stadt und Kreisen der Gesellschaft noch immer das Gepräge; auch die Ratsbänke standen noch immer für sie da. Aber daß infolge jenes Beschlusses der Adel das Interesse an den öffentlichen Angelegenheiten Basels verlor, konnte umso leichter geschehen, als die Regierungskollegien und Beamtungen der Fürsten nun immer mehr Anlaß boten, tätig zu sein und etwas zu gelten. Es war nicht ein Ausgestoßenwerden aus der politischen Stellung zu Basel, sondern ein Preisgeben und Verlassen.

Den Verlauf dieser allmählichen Entfremdung vermögen wir beinahe statistisch festzustellen an der Geschichte der Adelshäuser, die eins ums andre in bürgerliche Hände übergehen. Schärfer noch zeigen uns die Ratslisten diesen Verlauf. Eine Zählung, bei der wir die unadligen Ritter natürlich nicht berücksichtigen, zeigt uns z. B. im Zeitraume 1360—1385 dreizehn, im Zeitraume 1460—1485 nur noch fünf adlige Ratsfamilien: Rotberg Bärenfels Flachsland Ramstein Eptingen; weggefallen sind Münch Schaler Frick Vitztum Biedertan Reich zu Rhein Marschalk. Jene dreizehn Familien aber deckten die fünfundzwanzig Jahre hindurch jährlich außer dem Stuhle des Bürgermeisters die vier Adelssitze im Rat, also hundert Sitze, diese fünf decken im gleichen Zeitraume den Bürgermeisterstuhl und einundzwanzig Sitze.

Wir unterlassen eine Wertung des einzelnen Adligen und verkennen doch keineswegs, wie viel dem städtischen Regiment die Beteiligung dieses Standes als solchen, mit seinem Erbe von Kraft Edelsinn Weltkenntnis, bedeutete und wie viel sein Ausscheiden. Eine ganze Summe charakteristischen Wesens ging der Stadt allmählich verloren und wurde durch nichts Gleiches ersetzt. Freilich erlebte Basel hierin, was auch andre Städte erlebten. Aber die Wichtigkeit des Erlebnisses ist darum nicht kleiner; sie zeigt sich uns beim Gedanken an Bern, und dieser Vergleich führt auch auf die Ursachen. Handel Gewerbe Geldgeschäft machten die Stadt unadlig.

In Basel war es mit der Herrschaft des Adels schon im XIV. Jahrhundert vorbei. Der an höfisches Leben, an den Verkehr der Standesgenossen und der Fürsten gewöhnte Edelmann hatte jetzt zusammenzusitzen und zu arbeiten mit einer Schar anspruchsvoller lauter Zünftler, die sich schon als Herren der Stadt zu geben liebten und die schlechte Luft wie die schlechten Manieren ihrer Trinkstuben Krämereien und Werkstätten in den Ratssaal brachten. Die Gegensätze waren in der Tat gewaltig, und wir ahnen nur, wie viel Leben, gewiß in leidenschaftlichen und menschlich ergreifenden

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 384. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/405&oldid=- (Version vom 10.11.2016)