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Tributleistungen zu vertreten. Sie muß mächtige Summen entrichten: achtundzwanzigtausendundzwanzig Gulden, Zweitausendvierhundertzwanzig Gulden usw., bis zum Jahre 1394 zieht sich die Abrechnung über ihre Schuld. Was daneben immerzu an Judengeld beim Rat eingeht, ist zum größten Teile gleichfalls Frucht dieser Ausplünderung von 1385; die Kleinbasler Juden zusammen haben achthundert Gulden zu zahlen, die Großbauer sechshundert Gulden, fünfhundertvierzig Gulden, wiederholt fünfhundert Gulden; erst 1395 werden auch sie frei, ist die ganze Schuld getilgt.

Während so der Rat seine Kasse speisen ließ, hatte er Auseinandersetzungen mit König Wenzel. Vorerst 1386 über den großen aus Häusern Hausrat Silbergeschirr Pfandgütern usw. bestehenden Nachlaß des Moses von Colmar, den einerseits die Erben ansprachen, andrerseits der Vogt des Reichs als angeblich erbloses Judengut zu konfiszieren begehrte. Das Schultheißengericht entschied zu Gunsten der Erben; aber König Wenzel gab sich nicht zufrieden. In Hin- und Widerschreiben zwischen ihm und dem Rate ging diese Sache weiter, bis 1390 ein Abkommen getroffen werden konnte. Es brachte auch die andern Streitigkeiten des Königs mit der Stadt zur Ruhe; Wenzel hatte noch immer Forderungen aus dem Tilgungsgeschäft von 1385 geltend gemacht und mußte auch hierüber zufriedengestellt werden. Gegen Zahlung von zweitausendfünfhundert Gulden verzichtete Wenzel auf alle Ansprüche und überließ dem Rate wieder das Schirm- und Nutzungsrecht über die Juden von Reiches wegen, zwar nicht unbeschränkt, wie er es 1365—1374 besessen hatte, sondern nur für vierzehn Jahre und vom fünften Jahr an nur zur Hälfte.

Aber in dem Reichtum der Zeugnisse über dies Alles liegt etwas Irreführendes. Das Geldgeben der Juden an Stadt und König war ja nur ein Teil des Ganzen, für uns allerdings der kenntlichste; das eigentliche Leben der Judenschaft war doch durch Anderes gebildet: das alltägliche kleine schmutzige Geldgeschäft, das Geschäft mit Jedermann, das Handeln und Wuchern solcher Juden, die nicht groß waren wie Moses, nicht Gewinne hatten wie er, aber auch nicht seine Leiden und Verluste. Was er und Andre seines Stammes zu erdulden hatten, erscheint uns über das Persönliche hinausgehoben als Staatsmaßregel großen Stils, bei deren Betrachtung das erbarmungslos Quälerische des Verfahrens wie eine Nebensache hingenommen wird, ja fast als Kompensation erscheint für alle Ungerechtigkeit Härte und Ausbeutung, die sich die Juden im Ganzen bei ihrem Gewerbe zu schulden kommen ließen. Dies wucherische Gewerbe bestimmte ihre Stellung und Geltung in der Stadt; wie die Verhaßtheit dieses Gewerbes

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 372. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/393&oldid=- (Version vom 10.11.2016)