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sie zur gleichen Zeit die Ausgestoßenen, die Fremdlinge mitten in der Stadt. Dies charakterisiert ihre Stellung. Durch ihr Gewerbe Jedem willkommen, dem Gemeinwesen wie dem Einzelnen, dem Laien wie dem Kleriker, hatten sie doch die Freiheit dieses Gewerbes zu erkaufen durch schwere Leistungen, durch beständige Furcht vor Ausplünderung und Vernichtung.

Freilich wurde dieses Fremdsein am Orte wettgemacht durch ein Daheimsein in aller Welt, die Stärke der Heimatlosen. Nicht als Fluktuieren, als stark wechselndes Ein- und Auswandern zeigt sich dies, — weil gerade das Geldgeschäft ein Beharren am Orte verlangte —, sondern als Beziehung zu auswärtigen Judenschaften. Wir finden solche bezeugt z. B. in den Herkunftsnamen baslerischer Judenfamilien, die auf Städte und Städtlein (nie auf Dörfer) namentlich des Elsaß, dann auch der untern Rheingebiete usw. weisen; ferner darin, daß die Basler Judengemeinde (wenigstens diejenige der frühern Zeit) Vorort eines größern Judenbezirkes gewesen zu sein scheint.

Daß diese Judenschaft eine Menschenart für sich sei, zeigten schon die Abzeichen, die ihre Angehörigen tragen mußten: die Stiefel, die spitzen Hütlein.

Die Geschlossenheit der Gemeinde, ihr rechtspersönliches Handeln als Körperschaft, ihre Organisation mit Bethaus Schule Beamten (Hochmeister Schulmeister Sänger Knecht) ist mehrfach bezeugt.

Auch im Wohnen kam dies gesonderte Wesen zum Ausdruck, indem die große Mehrzahl der Juden, wenn auch nicht in einer geschlossenen Gasse wie anderwärts, doch nahe beisammen auf einem Fleck ihre Häuser hatten. Nicht von ungefähr natürlich an der besten Geschäftslage der Stadt, zunächst bei Markt und Kaufhaus. Hier an Gerbergasse und Grünpfahlgasse standen die Synagoge, die Schule, ein Dutzend Judenhäuser; andere, vereinzelt, finden wir am Marktplatze selbst, an Hutgasse und Spalenberg, in Kleinbasel.

Völlig abgesondert aber lagen die toten Juden. Die alte Judengemeinde hatte ihren Friedhof zwischen dem Petersplatz und dem Gnadentalkloster, an der Stelle des spätern Werkhofs. Dies war „der Juden Garten“, der 1349 zerstört wurde und dessen Grabsteine an den innern Stadtgräben Verwendung fanden. Die zweite Gemeinde hatte sich lange ohne eigenen Friedhof zu behelfen; sie trug ihre Toten irgendwohin in die Nachbarschaft und erwarb in Basel erst 1394, als es eigentlich schon zu spät war, wenige Jahre vor ihrem Ende, einen Garten in der Vorstadt zu Spitalscheuern (den hintern Teil der heutigen Liegenschaften Äschengraben 18, 20, 22), auf dem sie mit Bewilligung des Rates ihren Friedhof anlegte.

Das Verhältnis der Juden zur Stadt war das der Schirmgenössigkeit. Gelegentlich wird ein Jude Bürger genannt, zu „eingesessenem Bürger“

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 366. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/387&oldid=- (Version vom 10.11.2016)