Seite:Wackernagel Geschichte der Stadt Basel Band 2,1.pdf/386

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

und in Diensten, die jedem Andern zu hart oder zu nieder waren. Daher ihre Vermischung mit den Kohlenbergleuten bei den Autoren. Daher in den Akten selbst die Erwähnung einzelner Freiheiten meist nur wegen Unfugen. Bei Wirtshausszenen Schlägereien Gewalttaten Possen aller Art finden wir die Freiheiten unaufhörlich beteiligt.

Aber daneben vergessen wir doch nicht, daß auch in diesen „rechten buben ohne Hosen und ohne messer“ ein Gefühl der Reputation, das Bewußtsein eines Standes mit Vorrecht und eigener Ehre gelebt haben muß. Sie dulden nicht, daß ein Andrer den Kornmeistern die Säcke trage. Sie sind die Starken, die freilich nur Jedermanns Knechte, aber auch die Jedermann unentbehrlichen Träger und Helfer sind. Dieses öffentlich anerkannte Dienenschafft die Grundlage für das ihnen zustehende Recht, für die Privilegien, denen sie den Namen Freiheiten verdanken.

Sie hatten den Anspruch, hier zu wohnen gleich Bürgern und Hintersassen, konnten aber weder zu den Einen noch zu den Andern genötigt werden; sie waren von Hut- und Wachtpflicht befreit, brauchten einer Ladung vor Stadtgericht nicht zu folgen, durften jedoch auch nicht wie Fremde wegen Geldschulden ins Gefängnis gelegt werden. Ihre Streitigkeiten untereinander mit Fäusten oder Stöcken aber ohne Messer waren nicht bußfällig.

Dieses „Völklein“ der Freiheitsknaben hatte, was sonst keinen Schutzgenossen auflag, den Jahreid zu leisten, neben den übrigen Zunftlosen; es zog auch als abgesonderte Gruppe in die Kriege der Stadt, vom Rate aufgeboten, mit eigenem Fähnlein, gleichen Namens aber nicht gleicher Art mit den das Heer begleitenden Freischaren.


Das eigenartigste Beispiel von Schutzgenossenschaft bietet die Judengemeinde.

Sie zeigt sich uns in zwei Ansiedelungen, indem der Vernichtung der alten Gemeinde 1349 nach einem Jahrzehnt die Bildung einer zweiten Gemeinde folgte, die ihrerseits nicht einmal vierzig Jahre lang dauerte.

Wie solchergestalt die Judenschaft in Basel ein frühes Ende fand, so war auch ihr Umfang nie beträchtlich, wohl in keinem Momente die Zahl von hundert Köpfen merklich übersteigend.

Dennoch handelt es sich um eine Institution von Bedeutung für die Stadtgeschichte. Im geschäftlichen Verkehr und Leben hatten die Juden ihre bestimmte wichtige Funktion. Sie besaßen Fähigkeiten und Verbindungen, die in diesem Maß Andern fehlten. Aber während sie so als Geldbeschaffer und Pfandleiher über die innersten Kräfte des Erwerbslebens geboten, waren

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 365. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/386&oldid=- (Version vom 10.11.2016)