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Auch die Flüchtlinge sind zu nennen, die bei Kriegsunruhen sich und ihr Gut nach Basel in Sicherheit brachten. Aber gerade bei ihnen waltete eine eigenartige, über die Regel hinausgehende Form des Schutzrechtes, die sie eher als temporäre Hintersassen erscheinen läßt. Die Stadt bot ihnen den gewünschten Schirm und verlangte dafür das eidliche Versprechen, dem Rate gehorsam zu sein, Ungeld und Steuer zu entrichten, hier Recht zu geben und zu nehmen, mit der Stadt Lieb und Leid zu teilen; das Letztere auch in dem Fall, daß während ihres Hierseins ihr Landesherr mit Basel in Krieg geraten sollte.


Sodann die merkwürdige kleine Gruppe der Freiheiten oder freien Knaben. Gemeiniglich werden diese zum Gesindel der Bettler und fahrenden Leute geworfen, als seines Gleichen behandelt. Jedoch mit Unrecht. Allerdings standen auch sie hier außerhalb der vollberechtigten Gesellschaft und hatten nahe Berührung mit den Fahrenden vor Allem als Richter des Vogtsgerichts auf dem Kohlenberg. Aber von diesen Kohlenbergleuten waren sie doch sozial unterschieden. Wenn sie auch meist nur zu den Schutzgenossen gehörten, standen doch Bürgerrecht und Hintersassentum auch ihnen offen.

Was sie als Gruppe zusammenhielt und vor Allem von den Fahrenden trennte, war ihr bestimmtes und an den Ort gebundenes Gewerbe.

Die Freiheiten arbeiteten hauptsächlich als Träger der städtischen Getreideverwaltung; als „Säckler“, „der Stadt verordnete Sackträger“ transportierten sie die Lasten zu und von den Kornböden. Diese Verrichtung war ihr Monopol, in das kein Andrer greifen durfte. Aus den durch die Müllerherren verhängten Geldbußen wurden sie bezahlt und hatten überdies an ihnen einen Anteil.

Außerdem dienten die Freiheiten dem Gemeinwesen allenthalben als Lastenwälzer Besorger Aufräumer. Bei Fürstenbesuchen hatten sie die Stadt sauber zu machen, Abwart zu tun, die Ehrengeschenke in Haber Weinfässern usw. hin und her zu tragen. Auch in der Messe mußten sie Dienste leisten und überhaupt jederzeit, gelegentlich sogar bei Hinrichtungen, mit Gehen und Tragen zur Hand sein, namentlich bei Feuerausbruch löschen und retten helfen.

Auch Privaten sollten die Freiheiten dienen, als Boten Holzhacker u. dgl.; die sich solcher Arbeit weigerten, wurden bestraft.

Und war dies Alles getan, so konnten die Freiheiten ihr Leben noch mit Anderm fristen, als Pflasterknechte, Feilträger von Kleidern u. dgl. m.

Dies ihr Wesen, bei dem sie leicht genug in Gewohnheiten von Landstreichern und Gassenpöbel kommen mochten. Sie lebten auf der Straße

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 364. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/385&oldid=- (Version vom 10.11.2016)