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sowie durch sechs nahe Verwandte des Geforderten (Muttermagen) beschwören läßt, dem gibt der Rat den Mann heraus. So lautete „der Stadt Recht“; später trat an seine Stelle die „goldene Bulle“ König Sigmunds von 1431 und die Forderung von weniger als sechs Muttermagen. Im einen wie im Andern Falle aber galt, daß, wenn der Herr die Besetzung nicht durchzuführen vermochte, der Mann blieb was er gewesen war, nämlich Hintersasse zu Basel. Das Bürgerrecht erlangte er nicht „von versitzendes wegen“, sondern wie jeder Andre nur durch Kauf oder Kriegsdienst.

Das Lebendige aber ist die tatsächliche Anwendung dieses Rechtes, so 1377 im Vertrage mit der Ritterschaft, 1409 im Abkommen mit Lütold Münch, 1507 gegenüber den Herren im Sundgau. Es kam vor, daß Herren Eigenleute in Basel ansprachen, aber ihr Recht nicht bewiesen; so 1395 der von Biedertan, 1449 Konrad von Eptingen. Daneben finden sich Verzichte von Herren auf Eigenleute, die Basler Bürger geworden sind oder dort wohnen. Überhaupt dürfen wir nicht durchweg nur an Gegensatz zwischen Stadt und Herr denken. Daß Eigenleute auch mit dem Willen ihrer Herren nach Basel zogen und hier das Herrenrecht ruhig weiter gelten ließen, geschah oft; erst das Bürgerrecht schloß die Hörigkeit aus.

Eigenartig stand dem Allem gegenüber das Verhältnis zum Bischof. Wie anderwärts so scheint auch hier der alte Stadtherr den Grundsatz vertreten zu haben, daß er seine Leute nicht in das Bürgerrecht wollte aufnehmen lassen. Er anerkannte weder den freien Zug noch ließ er sich auf das Verfahren der Besetzung ein, und die Stadt hatte daher beständig mit ihm wegen der Aufnahme von Bischofsleuten zu streiten. Dieser Sache galt eine Hauptbeschwerde Johanns von Vienne, und hundert Jahre später kam Johann von Venningen auch hierauf zurück; 1471, am Regensburger Reichstag, erwirkte er von Kaiser Friedrich das allgemeine Verbot, Leute des Basler Hochstifts zu Bürgern aufzunehmen.

Schenkungen des Bürgerrechts geschahen — abgesehen von der großen Liberalität im August 1444, bei der es sich im Grunde um einen Vorentgelt für Kriegsdienst handelte — zahlreich und aus den verschiedensten Rücksichten. Eine ganz allgemeine Anerkennung führte wohl zu der Schenkung an den gelehrten Heinrich von Beinheim 1437, während in andern Fällen spezielle Leistungen geehrt wurden: 1420 die Erneuerung des Gemäldes am Rheintor durch Hans von Schlettstadt, 1439 die Besorgung von Korneinkauf durch Berthold Luterer, 1450 die Niederwerfung von Feinden der Stadt durch Hans Spar usw. Oder der Rat brauchte dies Mittel bei Berufungen: 1450 eines in der Anfertigung von Feuereimern bewährten

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 357. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/378&oldid=- (Version vom 10.11.2016)