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Herumziehen Einzelner oder kleiner Gruppen durch die Gassen mit Trommeln Pfeifen Geschrei und Jauchzen; die Tänze; in früherer Zeit die Turniere des Adels; endlich als eigenartige, bald ausgelassene, bald erlesene Unterhaltung die dramatischen Spiele, in deren drastischer Behandlung von Stadtgeschichten Weltbegebenheiten und allgemeinen Lebenszuständen wenigstens die Satire zu ihrem Rechte kam. Alles dies haben wir uns umgeben zu denken von dem allgemeinen Bestreben, durch Änderung des Kleides, Schwärzen oder Maskieren des Gesichtes die Stadt mit einer neuen, völlig phantastischen Bevölkerung zu füllen.

Mit dem Aschermittwoch ging dies Fastnachtswesen zu Ende, die „heilige Zeit der höchstgebannten Fasten“ begann, und „jeder Christenmensch sollte schon diesen Tag mit Fasten begehen und sich unziemlicher Geberde enthalten“. Statt dessen ist allenthalben noch einmal, zum letzten Mal, großes Bankettieren, und die Gesellschaftsbrüder, die sich der Teilnahme weigern, werden dazu gezwungen; man holt sie mit Gewalt aus ihren Häusern, man wirft sie in die Brunnen. Wer ruhig seines Weges geht, kann erwarten, daß Mutwillige ihm das Gesicht mit Ruß schwärzen.

Drei Tage hernach dann, am Sonntag Invocavit, das Schönste: da Abends auf dem Petersplatz und in den Vorstädten Feuer entzündet werden und auf der Pfalz hinter dem Münster die Jugend brennende Holzscheiben in den Strom wirft; mit lodernden Fackeln zieht man durch die nächtliche Stadt.

Merkwürdig steht diesem alten Besitze das Neue gegenüber, das zu Beginn des XV. Jahrhunderts hier bekannt wurde und sofort Aufnahme fand: die Maskierungen und Bettelumzüge der Mittwinterzeit. Wir wissen nicht, woher dieser Import in die Stadt kam, ob nur vom umliegenden Lande oder von weiter her. Jedenfalls erhob sich der Rat sofort gegen diese „bösen Gewohnheiten“. Man zog zur Adventszeit in den Masken tierischer oder dämonischer Gestalten lärmend durch die Stadt; man legte Teufelshäute an, stellte auch Bischöfe oder Königinnen dar. Alle Welt nahm hieran Teil, Geistliche gleich den Laien und neben dem Volke die Edeln. Noch anstößiger waren der Behörde die Umzüge zur Weihnachtszeit; in den „Bochselnächten“ wurde herumgeschwärmt, an die Haustüren gepocht, mit Liedern um Würste oder Geld gebettelt. Unwillig tadelte der Rat, daß man mit diesem neuen Brauche die Stadt „zu einem Dorf mache“.


Hier würden uns auch das Spital, das Siechenhaus, teilweise die Armenpflege zu beschäftigen haben. Es handelt sich dabei um obrigkeitliche

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 349. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/370&oldid=- (Version vom 10.11.2016)