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der Vogt den Vorsitz hatte, neben ihm der Schultheiß saß. Gerichtsstuhl und Schranken waren unter freiem Himmel aufgerichtet, im Hofe des Rathauses, der so die Fortführung der frühem, auf dem Markte vor dem alten Rathause gewesenen Gerichtsstätte bildete. Die Klage, auf Leib Leben und Gut des Angeschuldigten lautend, geschah im Namen des Rates durch die Ladenherren samt dem obersten Knecht; der Freiamtmann hatte ihnen als Fürsprech das Wort zu führen, der Ratschreiber das Geständnis des Angeklagten zu verlesen. War der Angeklagte abwesend, so erging zu drei Malen, in feierlichen Formen, auf den drei offenen und vom Gericht verbannten Straßen (Rheinbrücke, inneres Spalentor, inneres Äschentor) seine Vorladung durch die Amtleute; in Fällen von Mord ward auch das „Wortzeichen“ vor dem Gericht aufgestellt, das zuvor bei der Totenschau vom Leichnam war genommen worden und nun den Gemordeten leibhaft vertrat, „als vil als ob die bor ze gegen were“. Stellte sich der Beklagte, so hielt man ihm Recht; blieb er auf die drei Rufe aus und vertrat ihn sonst Keiner, so wurde er, nach Anhörung von Klage und Zeugenaussagen, als ein flüchtiger Mann vom Frieden in den Unfrieden erkannt, also daß er von der Sonne Aufgang bis zu ihrem Niedergang nirgends frei sein und Friede haben sollte; dem Richter wurde sein Gut zugesprochen, dem Kläger sein Leib. Alles dies nach des heiligen Reiches Recht. Ein eigenes Kriminalrecht besaß Basel nicht. Auch enthalten die Urkunden nur das Urteil in der hier gegebenen allgemeinen Fassung, nicht die Bestimmung der Strafart, die wohl erst nachher und durch den Rat geschah, dem als dem Kläger der Beklagte überlassen worden war, damit er mit ihm handle nach seinem Gefallen.


Wir betrachten noch einige Einzelheiten dieser Justiz. Zunächst die Strafen.

In der Regel gab es keine Haftstrafe. Nur vereinzelt begegnet uns diese, als Einsperrung für die Dauer eines Monats und zugleich als Schärfung einer sonstigen Strafe, oder als kurze rasche Bestrafung für eine Nacht, eine Woche, während dauernde jahrelange Inhaftierungen seltene Ausnahmen und dann wahrscheinlich Gnadenstrafen waren. In jedem Falle hatte da, wo mit der Haftentlassung die Strafe zu Ende ging, der den Kerker Verlassende Urfehde zu schwören d. h. den Verzicht auf Rache für das ihm Angetane zu geloben.

Im Übrigen dienten die Gefängnisse und „Käfige“ der Untersuchungshaft und der Verwahrung der zum Tode Verurteilten. Sie befanden sich in

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 338. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/359&oldid=- (Version vom 10.11.2016)