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lag ob, der zersplitterten Rechtspflege, wenn er sie auch nicht äußerlich einte, doch die Einheit des Sinnes zu geben, außerdem aber, ihr Wesen, ihren Bestand und Umfang zu mehren. Hiezu gehörte auch die Beseitigung des österreichischen Gerichts zu St. Alban.


Die hohe Gerichtsbarkeit innerhalb der Grundherrschaft des St. Albanklosters stand dem bischöflichen Vogte zu, nach Übergang der Vogtei an das Reich dem Reichsvogte. Ein Weistum des XIII. Jahrhunderts und eine Kundschaft von 1340 bezeugen in der Hauptsache übereinstimmend das Verfahren, wonach bei blutiger Tat im Klostergebiete der Propst oder sein Stellvertreter der Klosterschultheiß und als Vertreter des Vogts der Stadtschultheiß zu Gerichte saßen und von den Bußen zwei Drittel dem Propst, ein Drittel dem Stadtschultheißen zukamen. Der Erwerb der Reichsvogtei durch den Rat gab diesem dann auch die hohe Gerichtsbarkeit zu St. Alban. Aber nicht unbeeinträchtigt.

Ein Anspruch auf diese Gerichtsbarkeit, den Graf Werner von Homberg kraft seiner Schirmvogtei über das Kloster erhoben hatte, war zwar 1221 schiedsrichterlich abgelehnt, aber durch den Grafen nicht aufgegeben worden. Er vermochte eine Gerichtsbarkeit zu usurpieren und zu üben, wenn auch nicht in der ganzen Grundherrschaft, doch in einem gewissen Bezirke derselben; nach seinem Tode scheint sich diese Jurisdiktion gleich andern Gütern weiter vererbt zu haben auf die Grafen von Habsburg-Laufenburg, denen sie im XIV. Jahrhundert zustand. Als deren Lehen war sie 1375 im Besitze des Konrad von Biedertan, 1380 im Besitze der Brüder Peterman und Rutschman von Biedertan. So dürftig diese Jurisdiktion war — Einer der Biedertan klagte bitter: „ich hab ein Gericht in der Vorstadt zu St. Alban und soll gar ein großer Herr sein, habe aber seiner nie nur eines Pfennigs groß genossen, außer daß mir einmal fünf Strohschaube wurden als Buße“ —, wurde sie doch geübt. Zu ihr gehörte noch die alte Vogteikompetenz auch für Immobiliarsachen, - sie hatte einen an Statt des Gerichtsinhabers präsidierenden Schultheiß, sowie Urteilsprecher und Amtleute; sie war nicht zu gering, um nicht 1380 durch Herzog Leopold den Biedertanern abgekauft zu werden.

Von Interesse ist das Verhältnis dieses Gerichts zu dem neben ihm in derselben Vorstadt zuständigen Niedergerichte des Propsts, dann der Stadt. Die beiden Schultheißen saßen gelegentlich nebeneinander zu Gericht und urkundeten gemeinsam; der Eine diente in des andern Gericht als Fürsprech der Parteien, oder der Eine nahm Kundschaften auf über Recht und

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 336. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/357&oldid=- (Version vom 10.11.2016)