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auch im militärischen den Oberbefehl zu geben. Und weil die ganze Kriegsorganisation auf den Zünften sich aufbaute, so war auch die Beteiligung ihrer Ratsherren und Meister nicht auszuschließen; sie waren die Hauptleute bei der Stadtbewachung wie im Auszug und der Kriegsrat im Felde. Kriegsleute von Beruf fanden sich nur unter den Söldnern, aber als solche hatten sie keine Autorität. So stand es um Führung und Kommando; es war ein System der übelsten Art, aber mit dem gesamten politischen System gegeben, und eine völlig vereinzelte, nur durch die Angst und Not des Augenblicks erzwungene Ausnahme konnte sein, daß Basel im Herbst 1475 den kriegserfahrenen Herman von Eptingen zum Stadthauptmann machte, seine Geschicke ganz in dessen Hand legte.

Wohl nirgends sonst treten die Zünfte als eine große Einheit und zugleich als die wirklichen Träger des Gemeinwesens hervor wie hier. Sie bewachten die Stadt und zum Feldzuge stellten sie die Hauptmacht; die Gliederung der Bürgerschaft nach Zünften und Kleinbasler Gesellschaften gab auch die Einteilung für das Militärische.

Zu Grunde aber lag die allgemeine Wehrpflicht. Dem Aufgebot gegenüber handelte es sich nicht um Freiwilligkeit und nicht um Sold. Wachen und Reisen (ins Feld ziehen) war ein und dieselbe Pflicht, die jedem Bürger oblag; nur in den schon erwähnten Fällen wurde Stellvertretung oder Loskauf gestattet.

Wie die Wehrpflicht allgemein war, so die Wehrhaftigkeit. Jeder mußte Harnisch und Waffen haben, aus eigenen Mitteln und ohne Weiteres für den Kriegsdienst gerüstet sein. Dieser Besitz war Voraussetzung der Zünftigkeit. Auch wer das Bürgerrecht verdienen wollte durch Teilnahme an einem Kriegszuge der Stadt, mußte diesen Dienst tun in seiner eigenen Wehr. Den Harnisch durfte man weder verkaufen noch versetzen, und bei Kriegsgefahr war erste Pflicht der Zunftvorsteher, die Ausrüstung der Zunftgenossen zu mustern. Daher in den Inventaren bürgerlichen Hausrates die Eisenhüte Blechhauben Panzer Brustbleche Armzeug Beingewand Schilde Schwerter Mordäxte Helmbarten Armbrüste stehen; daher beim gegenseitigen Vermächtnis der Fahrhabe die Ehefrau stets ihre Tüchlein und Kleider ausnimmt, der Mann seinen Harnisch.

Eine Ergänzung dieses allgemeinen Gerüstetseins ist die Verpflichtung Einzelner zum Halten von Kriegspferden. Aus dem XIV. Jahrhundert, dann wiederholt aus den 1420er Jahren und 1440er Jahren sind solche Bestimmungen und Rötel überliefert. Je nach dem Vermögen sind ein Pferd oder mehrere Pferde und außer diesen auch noch reisige Knechte zu stellen.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 298. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/319&oldid=- (Version vom 24.10.2016)