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Leibe wachen solle. Ein Satz, der schwer durchzuführen war. Bei Krankheit, Kindbett der Frau, Abwesenheit u. dgl. gab sich die Notwendigkeit eines Stellvertreters von selbst, und zu Ende des XV. Jahrhunderts bestand geduldet schon vielfach die Übung, die Leistung der Wachtpflicht durch eine Zahlung an die Zunft („Wachtgeld“) zu ersetzen, einen „Lohnwächter“ zu stellen. Etwas Anderes war grundsätzliche Befreiung von der Pflicht. Sie konnte nicht durch die Zunft, sondern nur durch den Rat gewährt werden und geschah nicht um der Person, sondern um eines Amtes willen. So waren befreit die Ratsherren, die städtischen Werkmeister und Härnischer, die Züberer, die Verwahrer der Torschlüssel und die mit Besorgung der Straßenketten und der Straßenleuchter Betrauten. Andere Fälle waren die Befreiung eines Arztes 1472 und einiger Färber, deren Niederlassung in Basel der Rat begünstigen wollte, 1454; hier galt die Befreiung nur für eine gewisse Zeit. Ebenso kam vor, daß Solche, die Leibgedinge oder Zinse von der Stadt kauften, sich dabei Wachtfreiheit ausbedangen.

Dies waren die Wachteinrichtungen ruhiger Zeiten. Sie änderten sich beträchtlich bei Kriegsgefahr.


Sobald Basel zum Kriege greifen wollte oder mußte, entstand die Notwendigkeit einer konzentrierteren Leitung. Was 1529 ausgesprochen wird, „daß in diesen Dingen mit höchster Heimlichkeit“ gehandelt werden müsse, das galt jederzeit. Eine Behandlung von Kriegssachen durch den vielköpfigen Rat war undenkbar. Schon die Heimlicher von 1373 waren ein Kriegsrat gewesen, und dieser wiederholte sich in den Neunern, in den Dreizehnern, bis wieder zu den neun Kriegsherren des XVI. Jahrhunderts und den von diesen im kritischen Jahr 1529 bestellten fünf Heimlichern.

Diese Übertragung von Regierungsgewalt auf Wenige war die einzige Konzession, zu der sich der Rat verstand. Sie geschah aber kaum nur zur Geheimhaltung der Beschlüsse, sondern jedenfalls auch deswegen, weil auf keinem Gebiete so sehr wie auf diesem nur sachkundige Männer zu brauchen waren und sachunkundige nirgends so schwer schädigten wie auf ihm. Die natürliche Ergänzung dieses heimlichen Rates wäre daher jeweilen die Uebergabe des Kommando an einen Berufssoldaten, einen Condottiere gewesen. Aber so konsequent zu handeln war unmöglich. Nicht allein, daß aus einer frühern Zeit her noch die Gewohnheit oder gar die Überzeugung lebte, der Adlige, weil er im Waffenwesen aufwachse und zu fechten verstehe, sei auch Heerführer und daher der Bürgermeister der gegebene Kommandant; es schien auch untunlich, Demjenigen, der im bürgerlichen Leben das Haupt war, nicht

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 297. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/318&oldid=- (Version vom 24.10.2016)