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Alles, auch die fast ausschließliche Besetzung der Kollegien aus der Mitte des Rates, wirkte zusammen, um einen Gegensatz zwischen Rat und Gemeinde zu schaffen, und dieser wurde noch verschärft durch den Beschluß von 1401, der die Wahl der Zunftmeister den Sechsern gab. Die Sechser selbst aber wurden auch nicht durch die Zunftgemeinde, sondern jeweilen die neuen Sechser durch die abtretenden ernannt; die Starrheit des Alternierens herrschte auch hier. Wie der Rat faktisch sich selbst wählte, so galt auch auf den Zünften das Wahlrecht nur für Wenige und im Kreise Weniger.


Dieser Gegensatz von Rat und Gemeinde brachte dem politischen Leben unaufhörliche Bewegung. Er führte dazu, die Gesamtheit der Zunftvorsteher als Großen Rat am Regimente teilnehmen zu lassen; mannigfaltiger und heftiger offenbarte er sich in einer Opposition der großen Masse. Daß diese mit raschem Volkssturm die Politik des Rates überrumpelte, geschah nur selten, z. B. am Tage von St. Jacob und beim Auszuge nach Blochmont; dafür machte sich ein ruheloses Mißtrauen und Unbefriedigtsein in Lästerreden Sticheleien Aufreizungen wider den Rat Luft. Zeugnis eingeborner Bösmäuligkeit, aber auch eines bestimmten politischen Unbehagens, war solche scharfe und andauernde Kritik der Regierung ein nicht zu übersehendes Element des öffentlichen Lebens. Aber täuschen wir uns nicht, so galt die Bitterkeit dieser Befeindung meist einzelnen Personen oder momentanen Zuständen, selten dem Prinzip des Regimentes. Der Kampf ging nicht um die Regierungsform, sondern um den Besitz der Macht innerhalb dieser Form. Das reine Zunftregiment wurde so oligarchisch wie die Geschlechterherrschaft gewesen war.

Die Betrachtung dieser Dinge führt aber auf die Entwicklung der Stadtgeschichte und der städtischen Parteien überhaupt, während uns hier das Dauernde, das System dieses Regierens beschäftigt. Seine Erläuterung finden wir darin, was als offiziell formulierte Auffassung vom Wesen der Herrschaft, von Recht und Pflicht der Herrschenden und der Beherrschten gelten kann. „Einem jeglichen Regierer gebühre, seines Regiments gemeinen Nutz und Ordnung also zu bedenken, daß Regiment und Untertanen an Ehren Tugenden und zeitlichem Gut in beständlicher Beharrung und zunehmendem Wesen gehalten werden“, war das Programm, mit dem der Rat sich seine Ordnung gab.“ Der Stadt Nutz und Ehre zu werben, ihren Schaden zuwenden“ schworen jährlich Rat wie Gemeinde. Und „weil Gehorsamkeit eine Sache ist, davon viel Gutes kommt“, wurde jedes Amtsjahr eingeleitet

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 247. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/268&oldid=- (Version vom 24.10.2016)