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In der langen, mit Johann Parcifal 1302 beginnenden Reihe der städtischen Schreiber stehen Einzelne, die der Beachtung wert sind: Konrad Kilwart, der in den ersten Jahren des XV. Jahrhunderts die Mandatensammlung des kleinen Weißbuchs, die Missivenbücher Rechnungsbücher usw. anlegt und uns damit gleichsam plötzlich ein Fenster auftut in eine neue, aber schon längst vorhandene und belebte Welt hinein; der unruhige Walther Baumgarter, in den verschiedensten Ämtern und Stellungen Basels Österreichs Rheinfeldens umgetrieben, bis er endlich 1468 in der Basler Kanzlei sich zufrieden gibt; der Literaturfreund Niclaus Meyer; dann die Stadtschreiber der großen Zeiten: Konrad Künlin, Gerhard Mecking, Niclaus Rüsch, Johann Gerster, Kaspar Schaller. Jeder unter ihnen ist interessant, aber der bedeutendste Niclaus Rüsch. Im geistlichen Stande, dann in den Schreibereien des Rates und des Gerichtes zu Basel, dann als Mülhauser Stadtschreiber geschult, tritt er im Herbste 1474 an die Spitze der Basler Kanzlei. Im wichtigsten Moment nimmt er hier die Geschäfte in die Hand und führt sie während zweier Jahrzehnte durch den Wechsel aller Schwierigkeiten, in einer Zeit der stärksten Entwickelung. Er hat nicht den Geist des ihm befreundeten großen Berner Kanzlers Thüring Fricker; auch als Lateiner scheint er schwach gewesen zu sein. Aber er gibt durchaus den Eindruck verläßlichster Geschäfts- und Menschenkenntnis; Knebel preist ihn als einen scharfsinnigen klugen Mann. Und was ihn im Besondern auszeichnet, ist seine Teilnahme an der großen Umgestaltung, die sich während der 1490er Jahre in der Basler Politik vollzieht. Diese Teilnahme ist so intensiv, daß er dabei aus dem gegen außen unverantwortlichen Posten des Stadtschreibers vortritt in die Allem ausgesetzte Stellung eines Hauptes. Er wird 1497 Oberstzunftmeister, der einzige unter den Kanzleivorstehern der alten Zeit, der an das Schreiben das Regieren selbst schließt.

Die Organisation der Kanzlei war einfach. Neben dem Stadtschreiberer scheint schon früh, 1339 zum ersten Male beiläufig erwähnt, sein „Schüler“, ein Gehilfe; seit 1382 auch der Unterschreiber, später Ratschreiber genannt, ursprünglich wohl der Sekretär der Zunftmeister, den nun diese bei ihrem Eintritt in den Rat mitbrachten. Der „Schüler“ blieb und erhielt später den Titel des Substituten. Ratschreiber und Substitut waren dem Stadtschreiber untergeordnet. Jährlich beschworene Amtsordnungen regelten die Obliegenheiten dieses Personals in den Ratssitzungen, auf der Kanzlei, bei der Rechnungsführung. Stadtschreiber und Ratschreiber hatten ihre eigenen Häuser; der Substitut sollte auf dem Rathause wohnen.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 232. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/253&oldid=- (Version vom 1.8.2018)