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Gebahren als Verleugnung von Herkunft und Genossen. So war Henman Offenburg, „der falsch ritter“, verfolgt worden. Ähnliches erfuhr jetzt Heinrich Rieher.

Sohn eines armen Neubürgers aus Sulz hatte er Anfangs dessen Gewerbe, das eines Färbers, getrieben. Aber daß er schon früh ins öffentliche Leben und zum Bekanntwerden strebte, zeigt sein Eintritt in Ämter wie die eines Weinsteuerschreibers und eines Unterkäufers, dann die Übernahme der Herberge zum goldenen Löwen neben dem Kaufhause. Wir sehen ihn überdies mit Spedition sich abgeben; auch Gewandmann hieß er. Durchaus war er der Typus eines in Alles greifenden, den Erfolg mit jedem Mittel suchenden Geschäftsmannes. Und der Erfolg ward ihm. 1451 versteuerte er ein Vermögen von dreihundert Gulden, 1475 das siebenfache. 1472 wurde er Ratsherr, 1477 Oberstzunftmeister und hielt dies hohe Amt beinahe zwei Jahrzehnte lang fest.

Wie im Jahr 1402 brachten jetzt wieder die Steuern den Sturm zum Ausbruch. Die außerordentlichen Auflagen, die zur Deckung der Kriegskosten nötig geworden waren, wurden auch nach Beendigung des Kampfes noch bezogen. Auf den Zunftstuben regte es sich. Als Einige zu Schmieden beim Schachspiel saßen, kurz vor dem Schwörtag 1479, sagte Jakob Meier, er zahle seinen Pfenning ungern; man gebe dem Oberstzunftmeister viel Gelds und wisse nicht, was daraus werde; er wolle ihm nicht schwören, er sei ein Dieb; auch in Straßburg habe er den Grafen Oswald von Tierstein mit der Eidgenossen Boten zusammensitzen sehen und den Grafen sagen hören: die von Basel hätten ein Haupt, das wäre ein Heinrich Rieher und der wäre ein meineidiger Bösewicht. So wurde gelästert. Man beklagte sich laut: Je mehr man zahlen müsse, um so weniger liege in der Stadtkasse; reich würden nur die Herren im Rat. Nackt und arm sei dieser Rieher einst nach Basel gekommen; jetzt sei er ein vermöglicher Mann, führe ein großes Haus und könne Geld auf Zins leihen. Und so die andern Alle; sie bereichern sich, indes die Stadt verarme. Mit solchen Vorwürfen weigerte die Bürgerschaft den Eid. Wir kennen den weitern Verlauf nicht, sehen aber, daß der Rat am 18. August 1479 die Steuer der untern Klassen um die Hälfte ermäßigte. Eine weitere Konzession war schon am 1. Juli der Beschluß gewesen über Einsetzung der Fünfzehner als einer vom Rat unabhängigen Behörde zur Verwaltung des gemeinen Gutes.

Doch die Beschwichtigung war nicht von Dauer. Der Tumult von 1479 erhielt nach zwei Jahren seine Fortsetzung durch ein Komplott, dessen Ziel geradezu der Sturz des bestehenden Regimentes war.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 148. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/169&oldid=- (Version vom 28.8.2016)