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Je bewußter der Kampf gegen Burgund als nationale Sache, „von des heiligen richs ehafte wegen“, geführt wurde, um so heftiger mußte die Erbitterung gegen den Kaiser sein, als dieser den Frieden mit Herzog Karl schloß, Niedere Vereinigung und Eidgenossen ihrem Schicksale preisgab. „Juden und Heiden schirmt er, aber nicht die Christen.“ Der alte Groll des Armagnakenjahres wachte wieder auf bei diesem neuesten Erlebnis, und in den herbsten Worten ergeht sich der Chronist, wenn er auf den Kaiser, dessen Treulosigkeit und böse Gesinnung zu reden kommt. Aber die Wirkung war allgemein. Daß im Herbst 1475, im Moment der höchsten Gefahr, alle Hilfsgesuche der Niedern Vereinigung durch die Reichsstädte abgelehnt wurden, zeigte, wie erschüttert der alte Zusammenhang war; und ebenso nahmen Basel und die Elsässer an der Schlacht bei Murten Teil ohne Beachtung des vom Kaiser dem Reich gebotenen Friedens. Erst die Katastrophe von Nancy brachte eine Änderung. Sie stellte den Gegensatz Deutschland—Frankreich in die vorderste Linie, und dies mußte auch auf die Beziehungen Basels zum deutschen Reiche wirken.

Diese Beziehungen sind auf Seite Basels geleitet durch eine nüchterne abwägende Politik. Wie diesem Kaiser Friedrich gegenüber, der nur an Österreich denkt, keiner der Reichsstände Interesse und Hingebung für das allgemeine Wohl des Reiches bekundet, so auch Basel. Die Stadt nimmt Teil an den Reichsgeschäften, sie hält an ihrem Charakter als Reichsstand durchaus fest; aber sie hat auch ihr eigenes Leben, das oft schwer genug ist und ihr keine Zersplitterung ihrer Kraft gestattet. Von der einen Seite erhält der Rat die zahlreichen Gebote des Kaisers zu Reichsdienst und Reichssteuer; auf der andern Seite hat er die Angelegenheiten der eigenen Stadt vor sich. Und nun besteht seine Politik darin, diese von rechts und von links sich meldenden Geschäfte Ansprüche Bedürfnisse mit einander in Beziehung zu setzen. Den Streit mit Bischof Caspar z. B. übergibt der Rat dem Kaiser; er will damit nicht nur eine Verzögerung bewirken, sondern hat nun auch in der Hand, das Verhalten des Kaisers zu diesem Streite mit seinem des Rates Verhalten zu den Reichsforderungen zu reglieren und zu lenken. Ähnlich handelt er in der Konzilsunternehmung des Andreas von Krain; ein Erlaß des Kaisers zu Gunsten der Stadt geschieht gleichzeitig mit der Quittung über geleistete Reichshilfe. So ist das Benehmen der Stadt zum Reich an keine festen Grundsätze gebunden, sondern wandelt sich von Fall zu Fall, wie auch der Kaiser seinerseits natürlich nur Zug für Zug tut. Es ist ein Handeln, das von den Vertretern der Stadt die größte Umsicht und Behutsamkeit fordert. Maß- und Richtunggebend ist das im

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 124. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/145&oldid=- (Version vom 28.8.2016)