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und Wirkung wie in den Fällen der Fertigung von hier gelegenem Gute konnte freilich ein solcher Akt nicht haben. Aber es handelte sich wohl überhaupt nicht immer um einen eigentlichen Gerichtsakt, sondern oft lediglich um Beurkundung. Urkunden des Ratsgerichtes selbst halten dies auseinander. Sie zeigen, daß die Beurkundung als von Seiten des Rates kommend aufgefaßt wurde und vom Gerichtsakt verschieden war. Die städtische Behörde funktionierte als Notar, gab Beglaubigung durch ihr Siegel, und eine Reihe solcher Urkunden über Schenkungen, Verkäufe, Leihen u. s. w. sind nicht durch den Schultheiß, sondern durch den Bürgermeister ausgestellt, tragen nicht das Schultheißensiegel, sondern nur das Stadtsiegel, lassen von gerichtlichen Handlungen und Solennitäten nichts verlauten, sondern geben nur Zeugnis von dem Geschehenen.

Eine solche beurkundende Tätigkeit des Rates begegnet uns nicht allein für Rechtsgeschäfte, die vor ihm vollzogen wurden, und wobei erselbst die Briefe ausstellte. Er war überhaupt anerkannte und gesuchte Urkundsperson, und in sehr großer Anzahl enthalten auch die von Andern in eigener Sache ausgestellten Urkunden die Bezeugung des Geschehenen durch den Rat und tragen sein Siegel.

Nur der Vollständigkeit wegen ist hier daran zu erinnern, daß nicht allein der Rat solche Beurkundungsinstanz war. Außer ihm sind zu nennen vor allem der Bischof und das Domkapitel und für die spätere Zeit die geistlichen Gerichtshöfe. Die außerordentlich starke Tätigkeit der letztern in Verlautbarung des Liegenschaftsverkehrs, wovon an anderer Stelle noch zu reden sein wird, gibt auch, neben den zahlreichen in eigener Sache ausgestellten Urkunden über Verkäufe und Schenkungen, einen Anhalt, um Wert und Wirkung der vor Stadtgericht geschehenden Fertigung zu bemessen.


Aber auf welchen Grundlagen ruhten Verfassung und Recht der Stadt?

Eine Stadtrechtsaufzeichnung fehlt. Die allgemein lautende Bestätigung der städtischen Rechte und Freiheiten durch König Richard 1262 besagt wenig; nicht viel besagen die königlichen Privilegien über Lehnsfähigkeit der Bürger und Zuständigkeit von Stadtgericht und Hofgericht, die nur allzu knapp überlieferten Erlasse von Papst Innocenz 1248. Das Wichtigste waren Ereignisse und Handlungen, die überhaupt nie in Schrift gefaßt wurden. Aber aus ihnen erwuchs das städtische Wesen, die Verfassung, die bürgerliche Freiheit, von der 1278 der Rat spricht. Wesentliches konnte positiv wie negativ, schaffend wie hemmend, der Bischof tun. Seine Hoheit als Stadtherr steht am Anfang der Entwickelung. Auf Kosten seines Rechtes

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/93&oldid=- (Version vom 1.8.2018)