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Aber schon Heinrichs Nachfolger unterließ dies. In seiner Kleinbasler Handfeste begegnen keine Zünftler als Ratsherren. Und von da an während eines halben Jahrhunderts blieb es beim Funktionieren des Zunftmeisterkollegs neben dem Rate, als eines eigenen Organes der Stadtverfassung.

Vorsteher dieser Zunftmeisterversammlung aber und somit oberster Meister aller Zünfte war der Oberstzunftmeister. Aus einer Mitteilung des Mathias von Neuenburg ergibt sich, daß er schon in den 1280er Jahren unter Peter Reich bestand; danach verfügte dieser Bischof, daß in jährlicher Abwechslung Einer vom Psittich und Einer vom Stern jeweilen das Bürgermeister- und das Oberstzunftmeisteramt bekleiden solle. Die früheste urkundliche Erwähnung des Amtes ist von 1305.

Die universitas, die Gemeinde, wird auch bei Beurkundung von Käufen u. dgl. neben dem Rate genannt. Doch wird dies schwerlich auf eine tatsächliche Mitwirkung bei solchen Akten freiwilliger Gerichtsbarkeit deuten. Die Nennung geschah, um den öffentlichen Charakter und Wert derartiger Beurkundung möglichst voll darzustellen.

Aus demselben Grunde auch ist nicht von einem Ratssiegel die Rede, sondern seit Beginn von einem Stadtsiegel, einem Siegel der Bürger. Ein solches wird zuerst im Jahre 1225 erwähnt; das älteste erhaltene stammt aus dem Jahre 1256. Es ist aber unmöglich zu sagen, ob der bei diesem gebrauchte Stempel dem alten, 1225 verwendeten, gleich gewesen sei. Das Siegel zeigt das Bild einer Kirche, wohl das Münster. Sein letztes Vorkommen fällt ins Jahr 1262; seit 1265 begegnet ein neues Siegel, mit derselben Darstellung und Schrift, aber in wesentlich besserer Ausführung.

Ein eigenes Haus des Rates wird zum ersten Mal 1257 erwähnt, als domus communitatis, Gemeindehaus; dann wird es meist Richthaus (domus judicii, domus judicaria) genannt. Auch den Namen pretorium trägt es gelegentlich. In der Mitte zwischen der Altstadt und der neuen Handwerkerstadt war es gelegen, an der kurzen Gasse, die von der Freienstraße her über die Birsigbrücke zum Kornmarkt führte; es bildete hier die Ecke zur Sporengasse. Hinter ihm lag das Gesesse der Edeln vom Kornmarkt, ihm gegenüber am rechten Birsigufer der mächtige Geschlechterturm, an dessen Stelle 1259 das Haus zum Riesen gebaut wurde.

So lückenhaft die Ueberlieferung auch ist, bleibt doch die Frische und Lebenskraft des städtischen Wesens dieser Zeit uns nicht verborgen. Wir fühlen deutlich den mächtigen Willen, der sich regt; wir sehen ihn immer weitere Gebiete in seinen Bereich ziehen, immer neue Organe ausbilden.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/87&oldid=- (Version vom 1.8.2018)