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Der Zustand war nunmehr der, daß ein und dieselbe Behörde zwei Funktionen ausübte, die wir heute zu trennen gewohnt sind. Sie war Gericht und Rat. Aber eine scharfe Grenze dieser Gebiete wurde damals gar nicht als notwendige Forderung empfunden. Ohne Anstand konnte Peter Schaler Bürgermeister und Schultheiß zugleich sein.

In beiden Eigenschaften sehen wir den Rat — denn immer heißt er so — an der Arbeit.


Zuerst als Verwaltungsbehörde.

Auch in dieser Eigenschaft steht er Anfangs unter der Leitung des Vogtes. Der Vogt erscheint im stürmischen Jahre 1248 wiederholt als der Repräsentant der Stadt; hie und da handeln neben ihm die consules und rectores. Wir finden dies Verhältnis auch noch einige Jahre später. Aber dann tritt neben dem Vogt der Bürgermeister hervor, zuerst im Jahre 1253. Von da an erscheinen Vogt und Bürgermeister wiederholt neben einander, in Rechtssachen so gut wie bei administrativen Geschäften, jeweilen an der Spitze der consules, des Rates. Aber eine Trennung der Geschäfte und der Kompetenzen kündigt sich schon frühe an, indem hie und da in den Gerichtsurkunden nur der Vogt genannt wird, in den Urkunden die von reiner Administration handeln nur der Bürgermeister. Gegen Ende der 1260er Jahre scheint diese Ausscheidung Regel geworden zu sein. Der Vogt verschwindet aus der Regierungs- und Verwaltungstätigkeit und wird auf die Gerichtstätigkeit beschränkt. Es ist eine Änderung, die nicht erst etwa in Folge der Umgestaltung der Vogtei durch König Rudolf eintritt; sie wird bewirkt durch das Wachstum des städtischen Wesens.

Der Bürgermeister ward aus dem Adel genommen. Aber Beachtung verdient, daß der erste Inhaber dieses Amtes keiner der vielgenannten Söhne aus den alten Basler Ritterhäusern war, sondern Heinrich Steinlin, ein zu Blotzheim begüterter Murbacher Ministerial, der sich erst in den letzten Jahrzehnten in Basel angesiedelt hatte. Er führte dasselbe Wappen wie die edeln Reich. Nach ihm hatten Angehörige der Geschlechter Schaler, Münch, Reich, von Straßburg, Marschalk, von Eptingen, Vitztum, ze Rin die Bürgermeisterwürde inne.

Über Größe und Zusammensetzung des Rates in dieser Zeit ist Zuverlässiges nicht zu sagen. Die Zeugnisse sind zu lückenhaft und zu selten. Nur soviel ergiebt sich, daß Ritter und Burger im Rate saßen und daß die Letztern die Mehrheit bildeten. Die Gesamtzahl scheint ziemlich

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/84&oldid=- (Version vom 1.8.2018)