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hieß, daß aller Adel zu beiden Seiten des Rheines von Lahr und Schlettstadt aufwärts sich gegen Basel verbunden und verschworen habe.

Dem entsprach das Verhalten der Rheinfelder Hauptleute. Es wurde immer „gröblicher“. Beiderseits wuchs die Erbitterung. Wiederholt versuchte Basel, sich durch einen Handstreich Rheinfeldens zu bemächtigen und diesem lästigen Wesen ein Ende zu machen. Die Hauptleute dagegen gingen darauf aus, die Straße zwischen Basel und Liestal zu sperren und dieses Städtlein einzunehmen. Basel ließ drei Gefangene als Straßenräuber „abtun“; die Hauptleute rächten sich hiefür, indem sie fünf Männer aus der Landschaft, die ihnen in die Hände gefallen waren, ertränkten und ihre Leichen, in einem Boot aufrecht sitzend nach Basel fahren ließen.

Jetzt begann eine Korrespondenz, die in ihrer Art völlig ungewohnt ist. Ein Wechsel von Streit-, Klage- und Lästerschriften, zum Teil großen Umfanges, in denen jede Partei der andern das Schlimmste vorwirft. Basel schreibt beleidigt, empört; schilt die Herren, daß ihr Kriegführen nicht mehr ritterlich sei, sondern unehrlich und schändlich; hält jedem Einzelnen von ihnen seine Taten vor. In den Gegenschreiben der Hauptleute glüht der wildeste Haß. Sie greifen über den vorliegenden Streitfall hinaus, es geht um den alten Gegensatz von Stadt und Herrentum. Mit einem Gefühl, das etwas Großes hat, wird der Erbfeindin vorgehalten, wie um ihrer Missetaten willen der allmächtige Gott sie im Erdbeben habe verfallen lassen; der Hilfe schnöde vergessend, die ihr damals der gnädige Herr von Oesterreich geleistet, habe sie an der bösen Fastnacht ihn und die Seinen zu töten unternommen, jetzt den Adel vertrieben und sich zu Denen gesellt, die Friedbrüchige und Meineidige, Kirchenbrecher und Leichenschänder seien, die ihren eigenen Herrn auf dem Seinen und um das Seine erschlagen haben. Es ist auf beiden Seiten die letzte Explosion dessen, was man seit Generationen gegen einander auf dem Herzen hatte. Alle Vorwürfe, die im vergangenen Krieg und vor den Schranken zu Colmar laut geworden, kehren hier gedrängt und in der leidenschaftlichsten Form wieder.

Am 3. April 1449 kam man dennoch wieder vor dem Markgrafen zusammen, diesmal in Breisach. Ohne Erfolg zunächst. Aber als man sich dort am 27. April neuerdings traf, hatten die Basler Gesandten die Ermächtigung der geflüchteten Rheinfelder in der Hand, für sie nach Gutfinden abzuschließen. Sie hatten sich gefügt und damit war die Hauptschwierigkeit beseitigt. Auch sonst schien Alles auf bestem Wege zu sein.

Aber wiederum trat etwas Unvorhergesehenes dazwischen.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 596. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/615&oldid=- (Version vom 1.8.2018)