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Das Verfahren war das gleiche wie vor vier Jahren in Brugg; das Ueberfallen von Städtlein erscheint als eine Spezialität Rechbergs, die er auch bei Baden, Mellingen, Thiengen übte. Auch fehlten nicht Nachahmer: wenige Wochen später brachte Abt Bartholomäus von Murbach durch eine solche Ueberrumpelung Gebweiler in seine Gewalt.

Uebrigens handelte Rechberg in Rheinfelden nicht für sich, sondern zugestandenermaßen im Namen Wilhelms von Grünenberg. Dieser, schon hoch in Jahren stehend, hatte an der Tat selbst nicht teilnehmen mögen; aber zwei Tage darauf ritt er in Rheinfelden ein und übernahm die Leitung. Er stand zu der Sache; jetzt hatte er sich rächen können für die Eroberung und Zerstörung seines Schlosses. Nachdem er bis dahin zwar oft genannt worden, aber nie in den Vordergrund getreten war, erschien er nun als der Führer der Feinde Basels. Neben ihm, in Leidenschaftlichkeit des Wesens ihn überragend, stand die mächtige Gestalt des Rechbergers. Die Uebrigen waren Thomas von Falkenstein, Balthasar von Blumenegg, Hans von Bolsenheim. Als „Hauptleute von Rheinfelden“ begegnen von nun an diese Fünf.

Nach Basel kam schon um Mittag die Kunde von der Tat, kamen bald zahlreiche Flüchtlinge, nach diesen die Ausgetriebenen, Hunderte von Frauen und Kindern. Sie brachten Nachrichten, schilderten — Manches wohl in der Angst und Aufregung übertreibend — die Gewalttaten der Herren, wie man ihnen die Kleider genommen, sie schamlos am ganzen Körper nach Geld durchsucht, dann halbnackt und hungrig in den kalten Herbsttag hinausgejagt habe. „Es war ein elend erbärmlich Ansehen.“ Einige von ihnen fanden Aufnahme in Bürgerhäusern, die Mehrzahl wurde in der Armenherberge untergebracht.

Was tat der Rat? Er bedachte die Sache, instruierte Gesandte, schrieb Briefe. Aber er hängte das Banner nicht aus, rief die erregte Gemeinde nicht unter die Waffen zur Befreiung der verbündeten Stadt.

Der Rat unterließ dies jedenfalls um der Gefangenen und um Rheinfeldens selbst willen. Beim Heranrücken eines Gewalthaufens wären Jene getötet worden, die Stadt in Flammen aufgegangen. Man entschied sich für „den mildern Weg“, meldete an diesem Tage noch das Geschehene den Eidgenossen, ließ den Briefen Gesandte nachreisen, um das Einzelne zu besprechen. Der Rat schrieb auch an den Pfalzgrafen, an alle Reichsstädte insgesamt, mit ernsten Worten zumal an den Herzog Albrecht. Basel forderte diesen auf, einzuschreiten und die Stadt, die mit ihm in Richtung gewesen, zu befreien. Der Herzog lehnte jede Teilnahme an dem Vorfalle

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 593. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/612&oldid=- (Version vom 1.8.2018)