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erkrankten Rappoltsteiners. Die Parteien ließen sich in Widerreden und Nachreden vernehmen. Endlich am 7. Dezember war Schluß; die Sache wurde beiderseits dem Obmann und den Zusätzen zur Urteilsfällung übergeben, und der Schreiber erhielt den Auftrag, innert drei Monaten die gesamten Akten für die Richter in ein Buch zusammenzuschreiben. Dem fleißigen Wunnebald erwuchs damit keine kleine Arbeit. Das vor uns liegende Basler Exemplar seines Protokolls zählt 2274 Folioseiten.

Um Ostern 1447 trat der eine der beiden Basler Zusätze, Hans von Laufen, wegen Krankheit zurück und wurde ersetzt durch Heinrich von Beinheim. Dieser fertigte mit Ospernell zusammen das Gutachten zu Handen des Obmanns aus. Am 30. Oktober 1447 gelangten sowohl das baslerische als das österreichische Gutachten der Zusätze an den Obmann; aber zum Spruche kam es nicht. Noch immer zog man eine gütliche Beilegung des Streites der richterlichen vor; wiederholt einigte man sich darauf, die Gutachten der Zusätze noch nicht zu öffnen, sondern versiegelt liegen zu lassen und inzwischen Vermittelung zu versuchen. Die letzte dieser Verschiebungen geschah am 10. Juni 1448; sie setzte die Eröffnung der Gutachten und damit die gerichtliche Verhandlung auf den 1. September an, einen Vermittlungstag aber auf den 16. August.

Auf den Inhalt des Prozesses gehen wir hier nicht näher ein. Die alten Klagen und Gegenklagen kehrten wieder, wegen der Zölle, des Geleites, der Eingriffe in Gerichtsbarkeit und Marktrecht, des freien Zuges, der Schiffahrt usw. Neben diesen schon oft erhobenen Beschwerden erstanden jetzt aber neue heftige Vorwürfe wegen des Verhaltens zu den Schindern und wegen einzelner Taten und Untaten des nun geschlossenen Krieges. Und als wäre es hieran nicht schon genug und übergenug, gruben Haß und Leidenschaft verjährte, längst abgetane Dinge wieder aus und machten sie im Prozesse geltend: die Angelegenheiten der Herzogin Katharina, die Neuensteiner Fehde, den Einfall des Prinzen von Chalon usw. Sorgfältig ward jedes Vorbringen gestützt durch Dokumente, Briefe, Zeugenaussagen; auch altes Beweismaterial, darunter ehrwürdige Stücke wie die Königs- und Papsturkunden der Abtei Otmarsheim aus dem elften und zwölften Jahrhundert, gelangte hier vor die Schranken des Gerichts.

Unterdessen ruhten die Waffen schon lange. Im Dezember 1446 empfiengen die Basler Herren die österreichischen Lehen wieder, die sie vor anderthalb Jahren aufgesandt hatten. Der Wiedererlaß des Verbotes, lange Messer zu tragen, war das deutliche Zeichen, daß der Kriegszustand

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 591. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/610&oldid=- (Version vom 1.8.2018)