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Sein Tod bezeichnet deutlich die Grenze zweier Zeiten. Er war der letzte Basler Bischof mit einer Politik großer Art; sein Versuch, das Hochstift zu einem bedeutenden Territorialfürstentum auszubauen, war mißlungen und wurde von keinem seiner Nachfolger mehr aufgenommen. Mit ihm ging aber auch eine denkwürdige Periode der Stadtgeschichte zu Ende. Als er starb, hinterließ er beide Städte Basel mit Verfassungen ausgestattet und die lange Reihe der Zünfte organisiert. Im Besitze dieses Rechtes, dessen eigenartige, durch Heinrich ihm gegebene Formulierung nicht mehr preisgegeben wurde, gewann sich Basel sofort, als dieser letzte Bischof der alten Zeit nicht mehr war, eine neue Stellung zu Reich und Stadtherr.

Heinrich von Neuenburg erhielt sein Grab in der Marienkapelle neben dem alten Turm des Münsters, die er selbst gebaut hatte. Und zu seinem Nachfolger wählte das Domkapitel den Archidiakon Peter Reich. Aber der Papst versagte diesem die Bestätigung und erhob statt seiner, ohne Zweifel auf Antreiben König Rudolfs, zum Basler Bischof den Bruder Heinrich von Isny, Lesemeister im Barfüßerkloster zu Mainz.

Dieser Heinrich, der elf Jahre später in gleicher Weise über die Hoffnungen und Ansprüche desselben Peter Reich hinweg, der dazumal Dompropst von Mainz war, zum Haupte dieses gewaltigen Erzbistums erhoben wurde, nimmt in der Reihe der Basler Kirchenfürsten eine eigentümliche Stellung ein. Er erwarb sich große Verdienste als Lenker seiner Diözese und als Herr des Territoriums; aber diese Leistungen werden hell überstrahlt durch seine Taten als eines der ersten Staatsmänner des Reiches. „Er hatte größere Liebe zu den Rittern als zu den Geistlichen“, sagt der Chronist, und ein eifersüchtiger Predigermönch weiß von ihm dem Minoriten zu erzählen, daß er dreimal seinen Orden verleugnet habe. Seine Neigung für die Dinge weltlicher Herrschaft, für das Kriegerische und Glänzende, sein hohes Geschick für die Geschäfte des Diplomaten waren den Zeitgenossen an diesem Sohn eines Handwerkers, an diesem Bettelmönch erstaunlich. Er erschien in allem als ein ungewöhnlicher Mensch, der sich auch nicht scheute, ganz auf seine Weise zu leben. Wunderliches wurde über ihn berichtet: daß er an einem Weihnachtsfeste, obwohl es auf einen Freitag fiel, Fleisch aß; daß er zu Kolmar im Jahre 1282, als er in der Barfüßerkirche Weihen erteilte, einen weißgekleideten Mohren und einen Zwerg in seinem Gefolge hatte. Der ganze Gang seines Lebens wurde mit der Einwirkungg eheimnisvoller Kräfte und Wesen in Verbindung gebracht, seine wunderbare Erhöhung als das Werk böser Geister angesehen, denen er sich übergeben habe.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/60&oldid=- (Version vom 1.8.2018)