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1437 wurde er Landvogt in Elsaß, Sundgau, Breisgau, samt den Städten Villingen, Waldshut, Laufenburg und Säckingen sowie dem Schwarzwald. Dieses Gebiet umschloß rings sein eigenes Territorium; die Uebernahme des Amtes führte ihn ganz und gar in die österreichische Politik hinein. Dabei war er ein Gegner des Konzils und Anhänger Eugens; er verhalf dem Erzbischof von Tarent zur Flucht aus Basel, unterstützte auch den Cesarini bei seinem Weggange; und im März 1438 tat er dem Konzil kund, daß er Macht habe, das Geleit aufzukünden. Auf Streitigkeiten mit den Städtern sodann weist das Abkommen, das er um diese Zeit mit dem Rate einging über Ansprachen der beiderseitigen Angehörigen, und als unfreundlicher Nachbar zeigte er sich vor allem im Teurungsjahr 1438. In solche Feindschaft kam er noch viel tiefer infolge der Katastrophe von 1441. Er ging als Markgraf in Schulden unter und mußte, ein schlechter Haushalter, in den kräftigsten Lebensjahren, Land und Leute seinen Kindern übergeben. Er war fortan nur noch österreichischer Beamter, und gleich als wollte er für das Verlorene sich entschädigen, erwuchs er, durch keinerlei Rücksichten mehr gehemmt, rasch zum Führer der österreichischen Interessen im Kampfe gegen die Eidgenossen und gegen Basel. Der Bund Zürichs mit Oesterreich war vor allem sein Werk; im Verfahren gegen Basel bediente er sich jetzt, da er nicht mehr Markgraf war, um so unbefangener der reichern Machtmittel, die ihm die Landvogtei in die Hand gab.

Außer Fürst und Landvogt kam auch die Ritterschaft in Betracht. Es geht nicht an, in diesen Kämpfen Herrschaft und Adel zu identifizieren. Freilich waren die Edelleute dem Erzhause durch Lehen verpflichtet; sie hatten große Teile des Herrschaftsgebietes im Sundgau als Pfand inne; sie saßen im Rate des Herzogs oder seines Statthalters. Gegen außen konnte sich das Interesse Oesterreichs und dasjenige der Edeln wohl als dasselbe darstellen. Dennoch war es im tiefsten Grunde keineswegs dasselbe. Wir dürfen nicht übersehen, daß dieser Adel gerade dem Fürsten gegenüber sich vielfach für sein altes Leben, dessen Rechte und Gewohnheiten zu wehren hatte. Die Entwickelung des Territorialherrn geschah zum guten Teil auf Rechnung des Adels. Es war ein Prozeß, der sich nicht aufhalten ließ, und den unzweifelhaft der Adel verlieren mußte. Das Bemerkenswerte aber ist, daß der Adel sich gleichwohl vom Fürsten nicht lossagt und sich immer weniger von ihm freizumachen vermag. Er gibt sich — sei es aus Standesgefühl, aus Tradition, durch innern Beruf oder äußere Notdurft getrieben — demselben Fürsten als Diener hin, der ihn zu Grunde richtet. Dieser Zustand hat etwas Tragisches, und eine Empfindung

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 540. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/559&oldid=- (Version vom 1.8.2018)