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Raum hergestellt; jede Kammer war groß genug, um ein Bett und einen kleinen Tisch aufnehmen zu können. Die Fenster waren beinahe ganz zugemauert, sodaß nur wenig Licht noch einfiel. Um Rauch und Brandgefahr zu verhüten, wurde kein Feuer angezündet. So lebte man hier in Dunkel, Kälte und Feuchtigkeit. Kein Wunder, daß die alten Herren sofort von Rheumatismen befallen wurden, daß das Husten des Einen dem des Andern antwortete. Auch die Nahrung war kärglich.

Der Tag der Konklavisten begann mit Gebet und Messelesen. Es folgte die Beratung, an die sich das Scrutinium schloß, dann Frühstück und Rekreationszeit. Um drei Uhr traten die Wähler wieder zusammen, zur Besprechung der im Scrutinium Bezeichneten; um sieben Uhr wurde eine Mahlzeit genommen, um zehn Uhr der Tag geschlossen. Dieses ganze stillverschlossene Treiben war bewacht durch die Bewaffneten der Stadt und eine doppelte Umschrankung; aber auch umgeben von den Prozessionen und Gebeten der Gläubigen.

Am siebenten Tage der Einschließung, am 5. November, morgens, gerade als die gewohnte Prozession in der Stunde des Scrutinierens mit dem Gesange des Veni creator spiritus das Konklavehaus umschritt, himmlische Erleuchtung auf die Wähler herabflehend, kam drinnen die Wahl zu Stande. Sie fiel auf den Herzog Amadeus von Savoyen. Alle Fenster wurden aufgebrochen, ein großes silbernes Kreuz hinausgehalten. Die Kunde verbreitete sich rasch durch die Stadt, und binnem kurzem war der ganze Platz vor dem Hause mit Menschen gefüllt. Der Arelatensis trat an ein Fenster, mit dem üblichen „ich verkündige Euch große Freude“ seine Rede beginnend. Er nannte den Namen des Erwählten, pries seine Tugenden, bezeugte, daß die Wahl geschehen sei zur Ehre Gottes und zum Heil der Kirche. Der Domdekan Wiler stand neben ihm und übersetzte seine Rede ins Deutsche. Drinnen im Hause sangen die Konklavisten dankbar das Tedeum, von allen Türmen der Stadt erhob sich Geläute.

Bald waren die Väter des Konzils und die Klerisei der Stadt vor dem Hause versammelt; sie nahmen die Wähler in Empfang, die als bleiche fröstelnde Gestalten heraustraten, und geleiteten sie ins Münster, wo mit Gebeten und Lobgesängen die Wahlhandlung schloß.

Zunächst steht nun der Erwählte allein im Vordergrunde; das vor allem Wichtige ist, daß er die Wahl acceptiert, daß er vom Throne Besitz nimmt, daß er in die Konzilsstadt kommt.

Am 18. November bestellte das Konzil die Gesandtschaft, die alles dieses bewirken sollte. An ihrer Spitze war wie natürlich der Arelatensis;

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 527. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/546&oldid=- (Version vom 1.8.2018)