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Erlebnissen, die Basel dem Konzil verdankte, kam nun noch dieses. Die Tat der Absetzung war inmitten der Schrecken der Pestzeit wenig hervorgetreten; um so mehr wendete sich jetzt alle Frische des gleichsam verjüngten Lebens dem neuen Vorgange zu. Die Erregung, die Alle erfüllte, lebt in den Schriften jener Tage und kann auch uns noch ergreifen.

Meisterhaft schildert Enea Silvio die Sitzung, in welcher der Ausschuß sein Wählerverzeichnis vorlegte: die Unruhe durch die ganze außerordentlich zahlreiche Versammlung; das Flüstern in allen Bänken; das auffallende Benehmen Einzelner, die nicht zweifelten, erkoren zu sein, schon Festkleider angetan und ihre Wohnung für die Dauer des Konklave Freunden übergeben hatten; vor allem die tiefe Erregung des Arelatensis, sein Zuspätkommen, sein Zittern und Erbleichen; dann die lang ausgesponnenen Einleitungs- und Besänftigungsreden der Triumvirn; endlich unter allgemeiner Stille die Verlesung der Liste durch Johann von Segovia. Der Arelatensis war von allen Sorgen befreit, war zufrieden, sein heiter gewordenes Antlitz erheiterte die ganze Versammlung, unter lautem fröhlichem Geräusch wurde die Sitzung aufgehoben.

Tags darauf, am 30. Oktober, begann die eigentliche Wahlhandlung, mit einem Hochamt im Münster. Wer diesem von Anfang bis zu Ende beiwohnte und zu Gott um einen glücklichen Fortgang der Wahl betete, dem war Ablaß verheißen. Die ganze Geistlichkeit der Stadt war anwesend, ebenso Graf Hans von Tierstein an Statt des Protektors, Bürgermeister und Rat, viele Ritter und Bürger. Oben zwischen den Säulen der Emporen standen die edeln Frauen. In der Kirche drängte sich und füllte draußen den Platz eine gewaltige Menschenmenge. An die Messe schlossen sich die Geschäfte, die Verkündung und Gutheißung von Dekreten, die Beeidigung der Wähler. Dann unter den Klängen des Tedeum formierte sich die Prozession zum Konklave. Knaben in weißen Kleidern eröffneten den Zug, es folgten der Basler Klerus, das Konzil, eine Schar von Priestern aus der Stadt mit hochgetragenen Reliquien, dann die Wähler, als ihr erster der Kardinal von Arles in der Pracht der Mitra und des goldenen Gewandes. So zog man über den Platz zur Mücke. Die Wähler traten ein und bezogen ihre Kammern. Die letzten Zurüstungen wurden getroffen, dann um neun Uhr abends das Tor geschlossen, mit Riegeln und Ketten gesichert.

Das Haus enthielt zwei große Säle: zu ebener Erde den Sommersaal, im ersten Stock den heizbaren Wintersaal. Durch Vorhänge hatte man in diesen Sälen Kammern für die Konklavisten und einen gemeinsamen

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 526. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/545&oldid=- (Version vom 1.8.2018)