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er am 6. Oktober 1431 hierüber an den Basler Klerus hielt, „als Entgelt für die ihm dargebrachten reichen Geschenke eine geistliche Gabe, nämlich die Visitation“ ankündigte; er verhieß, nicht wie ein Richter, sondern wie ein Vater das Geschäft zu vollziehen. Die Weltgeistlichen wurden hierauf dem Bischof von Coutance und dem Pariser Official, die Klöster drei Religiösen zur Visitation übergeben. Auf Grund der hierüber erstatteten Berichte lud der Kardinal die schuldig Befundenen, worunter mehrere Concubinarier, vor sich und ermahnte sie. Im Sommer 1434 ist von solchen Reformen neuerdings die Rede, namentlich beim Domkapitel; ein Diebold, der eine Nonne geschändet hatte, ward des Kanonikats entsetzt. Auch in der Folge gab der Basler Klerus dem Konzil noch wiederholt zu schaffen. 1437 wurde geklagt, daß viele Stiftsherren sich nicht scheuten, Turnieren und Tänzen beizuwohnen; über den Verkehr mit den Basler Weiberklöstern erließ Cesarini Vorschriften, die dann durch den Rat publiziert wurden; auch versuchte er eine Reformation des Leonhardsstiftes durchzuführen.

„Ein Konzil ist die stärkste Konjunktur, die sich für das gesamte Wirtschaftswesen einer mittelalterlichen Stadt denken läßt.“ Nicht die Lage des Einzelnen nur, sondern die städtische Wirtschaft als solche, der Stadthaushalt, hob sich in erstaunlichem Maße. Der Ertrag der Aufwandsteuern vermehrte sich gewaltig; und trotz der außerordentlichen Ausgaben, die der Stadt erwuchsen, am stärksten während des Kaiserbesuches 1433/1434, war sie im Stande, einen beträchtlichen Teil der öffentlichen Schuld zu tilgen.

Es war dies ein Ergebnis der großen Belebung, die über das gesamte wirtschaftliche Wesen gekommen war. Das plötzliche Wachstum der Bevölkerung, die Steigerung des Verkehrs in allen Formen und Richtungen, das Bekanntwerden neuer Bedürfnisse, alles dies übte die mächtigste Wirkung. Sie weckte auch bei den Einheimischen neue Ansprüche, hob ihre Kräfte. Doch ist bezeichnend, daß die eingebornen Kaufleute sich die Chancen des Warenimportes meist entgehen ließen und den Fremden gegenüber, die den Großhandel übernahmen, sich mehr nur auf den lokalen Betrieb beschränkten. „Nur im Detailverkehr machte sich der heimische Kaufmann und Krämer die Vorteile des Konzils zu nutze.“

Wichtiger und auch nachhaltiger war die Stärkung, die das Konzil dem Handwerker brachte. Hier vermittelten die Fremden Fortschritte der Technik und auch ganz neue Arten der Produktion. Doch darf die qualitative Förderung des Handwerks durch das Konzil nicht allzu hoch angeschlagen werden. Schon vor dem Konzil standen hier die Kunsthandwerke in Blüte; Zeugnisse hievon sind die Schilderungen der Kirchenzierden, der

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 516. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/535&oldid=- (Version vom 1.8.2018)